Ich saß im Flugzeug, unwissend, ob ich in den ersten Nächten schon bei einer Gastfamilie unterkommen kann, oder ob ich überhaupt bei einer Gastfamilie unterkommen kann.
Doch gleich am Flughafen wurde ich von Johnny, einem Mitarbeiter der Franz-Liszt-Schule herzlichst willkommen geheißen und zu meinen Gasteltern Emilia und Luis in der kleinen Stadt Santa Ana (15km entfernt von der Hauptstadt San José) gebracht.
Gastfamilie
Sabine und ich wohnen in einem Bungalow in einem gesicherten Viertel. Einem sogenannten „Condominio“, von denen es hier sehr viele gibt. Die Portiere am Eingang des Viertels schenkten uns beim Ein- und Austreten immer ein breites Lächeln. So startet man gut in den Tag, wenn man sich auf den Weg zur Schule macht (30 Minuten zu Fuß).
Unsere Gastfamilie hat eine große Familie und fast jeden Tag kommt jemand zu Besuch. Die Türen stehen hier immer und für jeden offen! An diversen Familienfeiern sind wir immer herzlich willkommen. So kommen wir mit vielen Ticos und Ticas ins Gespräch. Ich fühle mich wie ein Familienmitglied und bin sehr dankbar dafür, mich hier so geborgen zu fühlen. Wir haben beide ein eigenes Zimmer und genießen es, einen Garten sowie eine überdachte Terrasse zu haben.
Gegessen wir auf Barhockern am Tresen. Um Essen müssen wir uns nicht kümmern: Unsere Gastmama Emilia kauft ein und kocht mittags und abends lecker und viel für uns. Auf dem Tisch stehen immer Reis, Bohnen, Gemüse, Eigerichte (mit Eiern der Finca ihres Bruders) und diverse Eintöpfe.
Essen in Costa Rica
In unserer Familie und auf den Reisen am Wochenende konnten wir schon viele Gemüse- und Obstsorten sowie typisch costaricensische Gerichte kennenlernen. Besonders lecker: Gekochte und frittierte Yuca, Süßkartoffeln, Wasseräpfel, Sternfrucht, gelbe Maracuja, Granadilla, Kürbis, Produkte mit Chiverre (eine Art Kürbis), Flor de Itabo, Kochbananen (reif oder unreif), Mandarinen, „süße Zitronen“, Mango (grün und gelb), Papaya, Empanadas (gefüllter Maisteig), Tortillas (Maisfladen), Chorreadas (süße Maisfladen, „frijoles molidos“ (Bohnenmus), und vieles mehr….
Ein besonderes Highlight waren die frischen Kakaobohnen auf einer Kakaoplantage sowie frischgepresster Zuckerrohrsaft.
Auf der Finca des Bruders unserer Gastmama kommt zudem fast alles auf den Tisch, was grün und nicht giftig ist (wie Chicasquil zum Beispiel).
Zu trinken gibt es immer Naturales (Früchte gemixt mit Wasser und Zucker), Limonaden, Kaffee oder Bier.
Generell ist das auswärts Essen gehen hier billiger als in Deutschland. Ein typisches Gallo Pinto zum Frühstück (Reis gemischt mit Bohnen und dazu Kochbananen und Ei) bekommt man inklusive Kaffee schon für 6 Euro. Überall findet man Sodas (Restaurants mit günstigen, typischen Gerichten), die meist von Familien betrieben werden.
Reisen in Costa Rica
An den Wochenenden packen wir unsere kleinen Rucksäcke und erkunden das Land. Obwohl die Entfernungen nicht so weit sind, braucht man aufgrund von Verkehr und schwierigen Straßenverhältnissen lang, um von A nach B zu kommen. Doch für die Strände, Nationalparks (für die man durchschnittlich 15 Euro Eintritt zahlen muss), unterschiedliche Essenskulturen und Landschaften nimmt man diese eher heißen und wackeligen Busfahrten gern auf sich. Es lohnt sich!
Wir machten eine Kanutour durch den Nationalpark in Tortuguero, genossen das „Pura Vida“ in Puerto Viejo an der Karibikküste auf dem Fahrrad, rasten mit dem Kopf voran über den Nebelwald (der keinen Nebel hatte) in Monteverde, wanderten durch Kaffeeplantagen, badeten in heißen Flüssen in La Fortuna am Fuße des Vulkans Arenal, und erlebten vieles mehr. Die letzten zwei Wochen unseres Costa Rica- Aufenthalts werden wir voraussichtlich in Bahia Drake (ganz im Süden des Landes), in Uvita, im Nationalpark Manuel Antonio sowie in der heißen Provinz Guanacaste an diversen Stränden verbringen.
Schule
Die Franz-Liszt-Schule befindet sich in einem Haus, welches eher an ein altes Landhaus erinnert. Die Klassenzimmer haben große Fensterfronten zu beiden Seiten. So ist es immer hell und fast wie Unterricht draußen. Die Türen stehen immer offen. Im Hof befinden sich große Bäume, ein Springbrunnen und Steintische und Bänke, auf denen ich jeden Tag zwei Schülerinnen und zwei Schülern verschiedenen Alters Deutschunterricht gegeben habe. Da sie neu in der Schule sind, jedoch ebenfalls die Prüfungen bestehen müssen, müssen sie die Sprache Deutsch schnell erlernen. So spielte sich mein Schulalltag fast immer draußen ab.
Ein paar Mal in der Woche schaute ich beim Musikunterricht (der auf hohem Niveau stattfindet) und beim Wirtschaftsunterricht (in dem eigene Unternehmen theoretisch gegründet wurden) der 10. Klasse zu. Einmal in der Woche ging ich in den Spanischunterricht der 4. Klasse.
Zudem sprang ich mit Sabine manchmal spontan ein, wenn Lehrer verhindert waren.
Manchmal gingen wir in den Chor. Der Chorleiter kommt schnell voran, da die einzelnen Stimmen eigene Proben während des normalen Schulalltags haben. Man merkt, dass die Mitsänger*innen Einzelunterricht im Gesang bekommen, da sie alle selbstbewusst singen und sicher das Lesen von Rhythmus und Melodie beherrschen. Während einige Schüler*innen am Nachmittag (dreimal pro Woche eine Stunde) in den Chor gingen, gab es zeitgleich verschiedene Ensembles und ein Orchester.
Insgesamt sind die Lehrer*innen sehr freundlich. Da es jedoch kein richtiges Lehrerzimmer oder Konferenzen gibt, wird nicht sehr viel untereinander kommuniziert.
Die Schule hat sehr viele sehr nette Angestellte, die sich um den Garten kümmern, die Tore auf- und zumachen, kranken Kindern Tee bringen, … Ich freute mich jeden Tag, von Ihnen mit einem Lächeln empfangen zu werden.
Abschließend kann ich nur sagen: Der Aufenthalt in Costa Rica war und ist wunderschön und ich freue mich auf die letzten zwei Wochen! 🙂