Namibia

Chancen schaffen in Okondjatu

Hallo zusammen, 

Wir sind Katharina und Selina – Lehramtsanwärterin und Lehramtsstudentin – und wir haben gerade unser Auslandspraktikum in Okondjatu, Namibia beendet. Wir möchten euch nun einen kleinen Rückblick über unsere unvergessliche Zeit geben, ohne dabei zu wiederholen, was ihr bereits durch unsere Vorgänger:innen erfahren habt. 

„Chancen schaffen in Okondjatu“ ist wohl, neben „schau mer mal was wird“, ein Motto, das uns während unseres Aufenthaltes begleitet und diesen geprägt hat. Es ist der Titel unserer Crowdfunding-Aktion, die wir gestartet haben, nachdem unsere sowie Janas und Martinas (Kindergesichter e.V. ) Kostenerwartungen im Hinblick auf die Materialboxen in der Schule weit überstiegen wurden. Kurzerhand haben wir beschlossen, das Geld hierfür eigenständig zu sammeln. Keine von uns beiden hatte geahnt, wie groß diese Aktion werden würde… Sehr schnell erkannten wir, dass wir weitaus mehr Geld erhalten als wir für das bisher gekaufte Material für Hope Spot und Schule ausgegeben hatten. Darin sahen wir neue Möglichkeiten, wie wir vor Ort vieles bewegen und zu einer nachhaltigeren Lern- und Spielatmosphäre beitragen können. Unter dem Link unseres Crowdfundings könnt ihr mehr über unsere Projekte erfahren und euch genauer einlesen: Chancen schaffen in Okondjatu, Namibia

Neben den eben genannten Projekten haben wir eine Kolping-Gruppe aus Deutschland, mit der wir 2 Wochen lang gemeinsam im Haus gelebt haben, bei ihren Aktionen unterstützt. In Zusammenarbeit wurde der Außenbereich des Hope Spots renoviert und ein Projekt mit selbstgenähten und wiederverwendbaren Binden für die Schülerinnen in der Schule / im Hostel ins Leben gerufen. 

Es hat uns unglaublichen Spaß gemacht, uns in den Projekten zu verwirklichen und zu sehen, wie wir vor Ort sichtbare Veränderungen bewirken und den Menschen damit eine Freude machen. Die unendliche Dankbarkeit und die strahlenden Gesichter werden wir wohl nie wieder vergessen! 

„Schau mer mal, was wird“

„Schau mer mal, was wird“, unter diesem anderen Motto stand unsere Reise von Anfang an. Zuerst Selinas ungewisse Einreise ohne vorher genehmigtes Visum, unsere sehr verspätete Transportgelegenheit von Windhoek nach Okondjatu, Wanderungen am Waterberg ohne Plan, eine verlorene Kreditkarte, fragwürdige Fahrrouten von Taxis, auseinanderfallende bzw. kaputte Taxis und Busse, lange Wartezeiten ohne Informationen in jedem Lebensbereich sowie unplanmäßige Änderungen oder spontane Strom- und Netzausfälle. Wer eine längere Zeit in Namibia verbringt, muss lernen, geduldig zu sein und darauf zu vertrauen, dass am Ende immer alles irgendwie funktioniert, auch wenn man noch keine Ahnung hat, wie und wann. 

Die Schule

In den ersten beiden Wochen haben wir viel Zeit damit verbracht, Lernmaterialien wie Plakate oder Schilder zu basteln und in verschiedenen Schulstunden zu hospitieren. In einer Pre-Primary-Klasse durften wir ziemlich schnell Unterrichtssequenzen übernehmen und mit den Kindern tanzen und basteln. Auch Mavis hat uns von Beginn an immer mal wieder ihre 1. Klasse betreuen lassen. Später durften wir sie für drei Tage vertreten und ihren Unterricht halten, sowie die Klasse am Kulturtag begleiten. 

Während unseres Aufenthaltes konnten wir neben dem Unterricht auch aktiv am Sporttag teilnehmen, Kulturtage, Lehrer:innenversammlungen und einen Lesewettbewerb miterleben. In ihrer letzten Woche bekam Selina sogar die Gelegenheit, an einer Lehrer:innenkonferenz in der Nähe von Okahandja teilzunehmen, bei der Lehrkräfte vieler verschiedener Schulen vertreten waren.

In der Schule durften wir viele tolle Erfahrungen sammeln, darunter:

  • bereichernde Gespräche mit Lehrkräften, aus denen herzliche Freundschaften entstanden sind,
  • die wöchentliche Durchführung von Deutschunterricht,
  • die Dankbarkeit und liebevolle Offenheit der Lernenden,
  • die Wertschätzung der Lehrkräfte und der Schulleiterin für unsere neuen Ideen,
  • den großen Einsatz der Schulleiterin für eine angenehme, nachhaltige, ernsthafte, respektvolle und unterstützende Lernatmosphäre,
  • sowie das Vertrauen in unsere Fähigkeiten und in unsere Selbstständigkeit als angehende Lehrerinnen.

Den schönen Erlebnissen stehen jedoch auch einige Beobachtungen gegenüber, die wir aus unserer Sicht als negativ empfunden haben. Darunter waren die zu erwartende mangelhafte Ausstattung der Schule und der Lernenden, die den Unterricht maßgeblich beeinflusst. Beispielsweise ist nicht immer Papier oder Wlan vorhanden und jede Klasse teilt sich eine limitierte Anzahl an Schreibutensilien, was auch Unterrichtsstörungen nach sich zieht. Des Weiteren haben wir beobachtet, dass einige Lehrkräfte den Unterricht nicht immer mit der nötigen Ernsthaftigkeit gestalten, ihre Klasse längere Zeit unbeaufsichtigt lassen oder deutlich verspätet erscheinen. Dass Klassen ohne Betreuungsperson sind, kommt jedoch auch aufgrund des Personalmangels vor. Besonders kritisch bewerten wir bestimmte Erziehungsmaßnahmen, etwa das Schlagen von Kindern mit einem Stock oder das öffentliche Bloßstellen auffällig gewordener Schüler:innen in der Assembly. Schlagen ist eigentlich verboten und führt normalerweise zu einer Kündigung, dennoch gibt es die eine oder andere Lehrkraft, die dies noch praktiziert. In diesen für uns bestürzenden, allerdings zum Glück nicht oft vorgekommenen Situationen waren wir überaus dankbar, uns unter vier Augen und auch mit Mavis über das Erlebte austauschen zu können. 

Der Hope Spot

Auch hier waren wir jederzeit willkommen und wir genossen es mit den Kindern im Kindergarten zu tanzen, zu spielen oder zu singen und in den Phasen des Lernens zu unterstützen. Zeitweise durften wir eine der beiden Gruppen auch eigenständig betreuen und unterrichten. Wir übten mit ihnen beispielsweise Formen, Zahlen oder Farben. In den Wochen, in denen die Wasserversorgung des Hope Spots nicht gegeben war, war es auch eine unserer Aufgaben, die Kindergartenkinder hinaus in „den Busch“ zu begleiten, um dort auf Toilette zu gehen. In den Pausen bemerkten wir zudem, dass die Kinder und die Betreuerinnen sehr viel Wert darauf legen und Freude daran haben, ihr mitgebrachtes Essen zu teilen, unter anderem, da einige keines dabeihaben und auf die Brotzeit der anderen angewiesen sind. 

Am Nachmittag wird der Hope Spot zu einem Ort der Hausaufgabenbetreuung, bei der wir auch sehr gerne unsere Hilfe angeboten haben. Falls die Aufgaben schnell erledigt sind oder es keine gibt, wird hier auch Förderunterricht gegeben oder Lesen geübt. Im Anschluss haben wir manchmal mit den Kindern auf dem Spielplatz gespielt. Immer wenn wir da waren, konnten wir beobachten, wie dankbar die Kinder und Jugendlichen über die Aufmerksamkeit und Hilfestellung sind, die ihnen hier geschenkt wird. 

Freizeit

An den Wochenenden haben wir oft unsere Zeit genutzt, um das Land außerhalb von Okondjatu kennenzulernen. Das wäre ohne Unoo, den allerbesten und coolsten Taxifahrer der Welt, der uns von Alisa (Praktikantin aus dem letzten Jahr) empfohlen wurde, nicht möglich gewesen. Ob Waterberg, Otjiwarongo, Etosha, Sossouvlei oder Swakopmund und Walvisbay, Unoo war am Start und oft voll mit dabei. Sogar als wir, ohne ein Zelt zu besitzen, relativ spontan beschlossen in der Nähe von Sossouvlei einen Campingplatz zu buchen (Schau mer mal, was wird! :D), ließ er sich auf das Abenteuer ein. Am Ende kamen wir natürlich nicht mehr rechtzeitig an ein Zelt heran und waren gezwungen zu improvisieren. Unoo, der ein Zelt hatte, musste wirklich an unserem Verstand gezweifelt haben. Und trotz der Umstände und der langen kräftezehrenden Fahrt, die für einige Spannungen sorgte, hatten wir den Trip unseres Lebens, den wir wahrscheinlich alle drei nie mehr vergessen werden. 

Obwohl wir über unsere Wochenend-Trips kaum etwas Schlechtes berichten können, bleibt zu sagen, dass man sich an öffentlichen Orten immer vorsichtig und aufmerksam verhalten sollte. Behaltet eure Rucksäcke, Kleidungsstücke und Wertsachen genau im Auge und benutzt euren gesunden Menschenverstand. Oft werden wir Europäer:innen als reich und wohlhabend gesehen, was nicht nur dazu führen kann, dass man für Taxifahrten mehr bezahlen soll (außer bei Unoo und den Taxis, die Engelberd organisiert), sondern auch ein Ziel für Diebe darstellt. An unserem ersten Tag in Windhoek wurde Selina der Hut vom Kopf gestohlen, dies war uns eine Lektion für den weiteren Aufenthalt. 

Familie

So fühlen sich Engelberd, Mavis, Gift und Maitha für uns an, nachdem wir einen Großteil unserer Zeit in Okondjatu mit ihnen gemeinsam im Haus gelebt haben. Man saß zusammen auf der Veranda, hat gemeinsam Muffins oder Popcorn gegessen, einige Male zusammen gekocht und Abende miteinander verbracht, Sorgen geteilt, einander Gefallen getan und sich außerhalb des Hauses zusammengehörig gefühlt. Zu Beginn haben Mavis und Engelberd gesagt, dass wir sie als unsere zweiten Eltern betrachten können; diese Worte haben sich für uns alle bewahrheitet; Katharina und ich haben uns von den beiden immer umsorgt, geschützt und unterstützt gefühlt. Gift und Maitha, unsere „kleinen Schwestern“, schätzten stets unsere Aufmerksamkeit (auch unsere Kochkünste und Süßigkeiten :D) und waren immer bereit zu spielen, zu malen oder unseren Erzählungen zu lauschen. Der Abschied fiel unfassbar schwer und eines ist klar: Es handelt sich nur um einen Abschied auf Zeit, denn die Einladung für viele weitere Besuche steht und wir werden diese dankend annehmen! 

DANKE euch fürs Lesen!

Ganze Liebe Grüße, eure Katharina und Selina!