Im Januar ging meine lang ersehnte Reise nach Neuseeland los und startete mit einer 4-wöchigen Busreise, wodurch ich bereits vor meinem Praktikum unzählige tolle Orte auf der Nord- und Südinsel entdecken konnte. Es dauerte nicht lange, bis ich mich in dieses Land verliebte, das mich mit seiner einzigartigen Natur immer wieder zum Staunen brachte. Auch wenn ich den wohl schlechtesten Sommer seit langer Zeit erwischt hatte (von starken Regenfällen, Überschwemmungen, Erdrutschen, Zyklonen bis hin zu Erdbeben war alles dabei – das brachte sogar die Kiwis dazu, ständig über das Wetter zu reden), hinderte mich das alles dennoch nicht daran, meine Rundreise in vollen Zügen zu genießen. Außerdem wusste man dann sonnige Tage und Aktivitäten, die nicht aufgrund des Wetters storniert werden mussten, umso mehr zu schätzen!
Haere mai (Willkommen) in Laingholm!
Ende Februar stand nach den aufregenden 4 Wochen der Einzug bei meiner Gastfamilie an, die mich direkt sehr herzlich willkommen hießen. Dies erleichterte mir die Umstellung vom unabhängigen Backpacker-Leben zurück in einen geregelten Alltag sehr und ich freute mich auf den Start des Praktikums an der Laingholm Primary School, die nur 2 Gehminuten vom Haus meiner Gastfamilie entfernt ist.
Auch an der Grundschule fühlte ich mich von Beginn an wohl, was nicht nur an dem netten Lehrerkollegium, sondern auch an dem liebevoll angelegten Schulgebäude lag. Anders als eine gewöhnliche deutsche Grundschule verfügt die Schule nur über ein Stockwerk und fast alle Zimmer sind beidseitig mit Fenstern ausgestattet, wodurch es überall allein durch das Tageslicht hell ist.
Schulalltag in der „Greatest Little School in the Universe“
Der Schultag beginnt dort für jedes Kind um 9 Uhr und endet um 14:55 Uhr. Es gibt zwei Pausen, zum einen der „Morning Tea“, welcher von 10:30-10:50 Uhr geht, sowie die „Lunch break“, die um 12:30 Uhr beginnt und um 13:20 Uhr endet. Der Unterrichtsalltag ist sehr von individuellem Arbeiten und Lernen in Gruppen geprägt, nur wenig wird frontal unterrichtet. Nach kurzer Instruktion beim Treffen „on the mat“ machen sich die Kinder selbst an die Arbeit und das immer auf dem jeweils eigenen Niveau. Da an dieser Schule Inklusion großgeschrieben wird, gibt es pro Klasse ca. 2-5 Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarf. Dies ist für die Lehrkräfte häufig sehr herausfordernd, besonders wenn nicht genügend Teacher Aids zur Verfügung stehen, die die Kinder mit special needs betreuen. Aus diesem Grund sind sie für zusätzliche Unterstützung von uns Praktikantinnen immer sehr dankbar.
Die Klassenstufen sind eingeteilt in „Tātai 1“, die Klasse mit den jüngsten Kindern, Year 1/2, Year 3/4 und Year 5/6. Sobald Kinder ihren 5. Geburtstag feiern, startet für sie die Schule, unabhängig davon, ob das Schuljahr bereits begonnen hat oder nicht. Das Schuljahr startet wie in Deutschland nach den Sommerferien, welche jedoch, dadurch dass Neuseeland auf der Südhalbkugel liegt, im Januar enden.
Der Fokus dieses Terms lag auf Kunst, da alle Kinder ihre Kunstwerke für die große Art Exhibition zum Thema „Portraits & People“ anfertigen sollten. Deshalb war ein Großteil des Schulalltags sehr kreativ gestaltet und es wurde sich viel Zeit zum Malen, Basteln, Fotografieren sowie für diverse Art Workshops genommen.
Abgesehen von Kunst ist auch Sport und Bewegung ein fester Bestandteil des Schulalltags. So gab es fast jeden Morgen „Jump Jam“ in der Assembly hall, wo die ganze Schule gemeinsam eine Choreografie zu verschiedenen Liedern tanzten. Zudem stand für alle Klassen mehrmals die Woche Schwimmen auf dem Stundenplan, was bedeutete, dass die Kinder im Pool an der Schule meistens frei plantschen und schwimmen dürfen. Abgesehen von Sport innerhalb der Schule gab es regelmäßige Ausflüge zu außerschulischen Turnieren wie Interschools Cricket oder Cross Country, die Lena und ich auch immer begleiten durften.
Kia kaha, kia māia, karawhuia! – Be strong, be brave, have a go!
Einen großen Stellenwert nimmt an der Schule die Wertschätzung der Māori-Kultur ein, die Kultur der indigenen Bevölkerung, die sich auch im alltäglichen Leben der Neuseeländerinnen und Neuseeländer in großen Teilen widerspiegelt. So lernen die Kinder von Beginn an beispielsweise die Zahlen und Farben auch auf Māori, werden mit „Kia Ora/ Tēna koutou“ (Hallo) und „Mōrena“ (Guten Morgen) begrüßt und singen bei der wöchentlichen Assembly (Versammlung der ganzen Schule) die Nationalhymne nicht nur auf Englisch, sondern auch auf Māori.
Die erste Assembly war für mich als deutsche „student teacher“, wie man hier als Praktikantin bezeichnet wird, auch eine spannende Erfahrung und seitdem ein Ereignis, auf das ich mich jede Woche freue. Die Versammlung, die immer freitags von 10 Uhr bis 10:30 Uhr stattfindet, wird jedes Mal von einer anderen Klasse geplant und geleitet. Diese hat die Aufgabe die Moderation zu übernehmen und einen inhaltlichen Beitrag zu leisten, wie beispielsweise die Präsentation eines Kunstprojekts, ein Vortrag geschriebener Gedichte oder das Aufführen eines Sketchs. Außerdem werden Zertifikate an einzelne Schülerinnen und Schüler ausgeteilt, mit welchen die kleinen und großen Erfolge der Kinder gewürdigt werden.
Der wertschätzende und respektvolle Umgang miteinander ist allgemein etwas, was mir von Beginn an positiv auffiel – sowohl innerhalb als auch außerhalb des Klassenzimmers.
Meine Aufgabenbereiche
Meine Aufgaben bestanden größtenteils daraus, den Lehrkräften im Unterricht unter die Arme zu greifen, indem ich mit einzelnen Gruppen das Lesen übte, die Kinder bei verschiedenen Aufgaben unterstützte oder das „Marking“ übernahm (damit ist nur die Korrektur gemeint, Noten gibt es hier in der Grundschule noch nicht). Zusätzlich fielen vor allem im Rahmen der anstehenden Art Exhibition typische „Praktikantenaufgaben“ an wie Ausschneiden, Laminieren oder dabei zu helfen die Bilder in der Assembly Hall aufzuhängen.
Mein persönliches Highlight war die wöchentliche Deutschstunde, die ich gemeinsam mit Lena jeden Freitag halten durfte. Es war schön zu sehen, wie man die Kinder für die deutsche Sprache begeistern konnte! In der kommenden – leider schon der letzten – Praktikumswoche steht außerdem noch eine Präsentation über Deutschland an, die ich den Year 5/6-Klassen vorstellen werde.
Tages- & Wochenendtrips
Auch wenn die Busanbindung aus Laingholm in die Stadt ziemlich zu wünschen übriglässt, lohnte es sich doch immer den langen Weg auf sich zu nehmen, um die Innenstadt zu erkunden, Museen zu besuchen oder die Fähre nach Rangitoto oder Waiheke Island zu nehmen.
Doch auch Laingholm und die nähere Gegend hat viel zu bieten wie wunderschöne bush walks und tolle Strände wie der Cornwallis Beach oder der traumhafte Piha Beach, der wie alle Strände an der West Coast schwarzen Sandstrand hat.
…Und schon neigt sich meine Zeit an der Laingholm Primary School dem Ende zu. Voller positiver Erfahrungen und zahlreicher unvergesslicher Erinnerungen werde ich das Land verlassen und freue mich jetzt schon darauf, irgendwann wieder zurückzukehren.
Kia Ora & see you later, Aotearoa!