Sunyani

Learning Ghanaian Culture in 3 days

So nannte mein Gastvater Emmanuel das Erlebnis, das er für mich organisierte: Ein Wochenende in einem abgelegenen, traditionellen Dorf. Kein Netz, kein fließendes Wasser und kaum einer spricht Englisch.

Die Idee hierfür kam während einer gemeinsamen Busfahrt. Er erzählte mir viel über das Leben in einem solchen Dorf und bot an ein Arrangement für mich zu machen, bei dem ich mit einer Familie für ein paar Tage zusammen lebe. Nach kurzem Überlegen stimmte ich zu und wir fuhren dorthin, um alles zu klären.

Freitag

Zwei Wochen später begrüßte ich Freitag morgens meine neue Familie. Da weiße Personen kaum in diese Gegend kommen, stand ich schnell im Mittelpunkt des Dorfes: Jeder hat mich angeschaut und kam, um mich zu begrüßen. Vor allem die Kinder starrten mich regelrecht an, da viele von ihnen noch nie eine weiße Person gesehen haben.

Ich wurde dann auch gleich in die Arbeit miteinbezogen: wir haben Geschirr abgewaschen und danach habe ich unter Anleitung den Dip („Pepper“) für das Kenkey zubereitet. Dafür wurde Pepper, Zwiebel, Tomate und Fisch in einem traditionellen Mörser zerkleinert.

Später kam der Sohn der Familie zu Besuch. Ich begleitete ihn, den Vater und dessen Bruder zur Farm, um Cassava zu ernten. Zurück im Dorf wurde daraus Fufu mit Soup zum Abendessen zubereitet.

Nach dem Essen wurde mir das Klo gezeigt. Der Sohn warnte mich schon vor, dass die Toilette anders ist als die aus der Stadt. Es handelte sich um eine ca. 5m tiefe Grube, über welche mehrere Holzplanken gelegt wurden. Man stellt sich auf zwei dieser Planken und geht in die Hocke. Dabei können auch mehrere nebeneinandersitzen – Privatsphäre gibt es somit nicht. Auch eine Dusche wie wir sie kennen gibt es dort nicht: In einer Art Kabine wird einfach ein Eimer mit Wasser genutzt.

Am Abend haben sich nach und nach ganz viele Kinder um mich herumgesetzt. Das war erst etwas seltsam für mich, da sie mich einfach beobachtet haben und nicht mit mir geredet haben. Ein Mädchen konnte gut Englisch und hat mir dann einige Körperteile in Twi beigebracht. Meine Aussprache (die offensichtlich komplett falsch war) hat die Stimmung dann aufgelockert und die Kinder sind mir gegenüber aufgetaut. Sie haben viele Fragen gestellt und wollten Bilder und Videos von Deutschland und meinem Leben sehen.

Als ich ins Bett wollte, wurde ich mit etwas konfrontiert, womit ich vorher gar nicht gerechnet hatte: Es gab kein Bett und auch keine Matratze. Es lagen nur ein paar Laken auf dem Boden und darauf schliefen wir, alle Frauen gemeinsam. Nach einiger Zeit habe ich mir dann aus Klamotten ein Kissen improvisiert, da mir das dann doch zu ungewohnt war. Die erste Nacht war somit nicht sehr erholsam, da zusätzlich zum harten Boden die Ziegen so laut geschrien haben.

Samstag

Um 6 Uhr stand auch schon der nächste Tag an. Die Tochter kam aus Sunyani, wo sie mit ihrem Bruder während der Schulzeit lebt. Um 9 Uhr gab es Frühstück. Ich frühstücke normalerweise nicht, weshalb das sehr deftige Frühstück (Yam mit Kontombre und Fisch) eine kleine Herausforderung war.

Heute steht Feldarbeit auf dem Tagesplan. Wir sind zum Feld gelaufen, um mit einer Katla (einer Art Machete) das Unkraut zu entfernen. Dabei sind auch schon die Kinder mit beteiligt – sogar ein drei Jahre altes Mädchen war mit dabei und hat geholfen. Danach haben wir uns etwas ausgeruht und gegessen.

Es gibt kein fließendes Wasser dort – es muss immer aus einem Brunnen geholt werden. Abends bin ich mit den Kindern mitgegangen und habe einen Eimer Wasser auf dem Kopf zum Haus getragen. Obwohl ich beide Hände zum Festhalten benutzt habe, war das Balancieren wirklich schwierig und es ist mir schleierhaft, wie sie das ohne Hände schaffen!

Nach der abendlichen Dusche saß ich wieder mit den Kindern zusammen und sie haben mir weitere Wörter in Twi beigebracht und ich habe ihnen wieder Fotos und Videos gezeigt. In der folgenden Nacht wurde es ziemlich kalt, an den harten Untergrund habe ich mich aber einigermaßen gewöhnt und konnte relativ gut schlafen.

Sonntag

Heute sind viele aus dem Dorf sind in die Kirche gegangen. Wir sind jedoch am Haus geblieben und haben Konkonte gemacht: Dafür wird pulverisiertes Cassava mit heißem Wasser verrührt. Und das Rühren ist wirklich ein Kraftakt!

Später hat mir die Mutter gezeigt, wie gerade ein neues Haus gebaut wurde. Dabei werden einfach Bambusrohre ineinandergesteckt und die Zwischenräume werden mit einer Lehmmischung gefüllt.

Abends gab es noch einmal Fufu mit Soup und ich saß wieder mit den Kindern zusammen. Ich war schon etwas traurig bei dem Gedanken, dass dies mein letzter Abend ist, habe mich aber auch schon sehr auf meine Gastfamilie und Handynetz gefreut.

Montag

Um ca. 8 Uhr wurde ich von Emmanuel, einem Lehrer und vielen Kindern aus unserer Schule abgeholt. Sie haben für mich gesungen und Pia hat für mich einen Blumenstrauß aus ihrem Garten zusammengestellt. Danach sind wir uns alle um den Hals gefallen, ich habe mich so gefreut, sie zu sehen! Und an der Schule die nächste Überraschung: auch hier wurde ich mit Gesang begrüßt. Eine schönere Rückkehr kann ich mir nicht vorstellen!

Am nächsten Morgen kam Emmanuel von seiner täglichen Bustour zurück und die Kinder hatten Früchte, Plantain und Kontombre in der Hand. Er erzählte mir, dass die Bewohner aus dem Dorf ihnen diese für mich mitgegeben haben! Und auch die nächsten Tage gaben sie ihm immer wieder Bananen, Orangen oder etwas anderes mit. Wir wussten gar nicht, wie wir das alles essen sollen!

Abschließend kann ich sagen: ich bin so froh, diese Erfahrung gemacht zu haben, auch wenn es manchmal nicht einfach war. Es war so interessant, einen Einblick in das Leben der Menschen dort zu bekommen. Auch hat es mich viel zum Nachdenken angeregt und meine Sicht der Dinge verändert:  mir wurde klar, wie selbstverständlich viele Sachen für uns sind, wie etwa das Bett, das ich „erwartet“ hatte. Und obwohl sie selbst nicht so viel haben, waren sie so großzügig zu mir und wollten mir meinen Aufenthalt so schön machen, wie es nur ging. Ich werde diese Tage nie vergessen!