Elefant, Ziege, Fledermaus und Co.
Viele besorgte Fragen erreichten uns nach dem ich den letzten Blogeintrag hoch lud. Um euch zu beruhigen. Uns geht es gut! Wir haben nach kurzer Planung in Accra die Reise fortgesetzt und ich sitze nun im Mole Motel im gleichnamigen Mole Nationalpark zwischen Affen, Elefanten und noch vielen anderen Touristen. Doch wie wir dort hingekommen sind und was wir auf dem Weg dorthin erlebt haben, das erfahrt ihr in diesem Blogeintrag.
Unerklärlicherweise wacht Bastian am Montag, 03.07, in aller Frühe mit Magenbeschwerden auf. Vielleicht war die gegrillte Schweineschnauze am Vorabend dann noch zu viel für den verwöhnten Schnösel. Trotz aller Widrigkeiten machen wir uns auf den Weg nach Norden zur schwarzen Festung in Kumasi. Im altbekannten Presbytarian Guesthouse verbringen wir nach fünf Stunden aufopferungsvoller Fahrt den restlichen Nachmittag mit Game of Thrones und weiterer Reiseplanung. In Jojo Cobbinahs Reisführer lesen wir von den Höhlen in Kwamang und den Klippen von Atwia. Am nächsten Tag machen wir uns schnurstracks auf den Weg nach Effiduase und checken, nach kurzer Diskussion über geeignete Unterkünfte mit der örtlichen Straßenpozilei und einigen „betrunkenen“ Dorfbewohnern, im Zanamat Hotel ein. Aufgrund unserer verlängerten Reisezeit sind wir nun auf günstige Unterkünfte angewiesen und verhandeln eine halbe Stunde lang mit dem Manager, der uns freundlicherweise ein komfortables Doppelzimmer für zwei Nächte überlässt und uns dabei 100 Cedi abknöpft. Es ist bereits annähernd Mittag als wir uns auf die Suche nach Proviant für unsere bevorstehende Wanderung machen. Just als wir unsere Wasservorräte aufgefüllt hatten, liefen wir dem Klempner Klement in die Arme. Nach kurzem Smalltalk besorgte er uns neben neuen Badarmaturen nicht nur Snacks, sondern auch noch einen günstigen Motorbike-Driver namens Bernard. Hauptberuflich Chief of Security einer Goldmine, der uns in seiner Freizeit die nächsten zwei Tage durch die Region chauffierte. Mit ihm machten wir uns auf den Weg über holprige Straßen nach Kwamang, wobei die teilweise steilen Pisten den Roller ordentlich zum Rauchen brachten. Da der örtliche Chief gerade nicht zur Stelle war, übernahm ein Repräsentant die wichtige Aufgabe den „Eintrittspreis“ von 15 Cedi pro Person, sowie einer Flasche „Schnaps“, entgegenzunehmen. Ausgerüstet mit zwei Taschenlampen und einem Guide wanderten wir nach kurzer Anfahrt ein paar Minuten durch die Wildnis und kamen bei den sagenumwobenen Höhlen von Kwamang an. Nachdem der götterbesänftigende Schnaps nach einem kurzen Ritual über die umliegenden Felsen verschüttet wurde, durften wir endlich unsere nackten Füße im Schlamm der dunkeln, heiligen Höhlen suhlen. Schon nach dem Eintritt in die Finsternis drang uns ein fürchterlicher Gestank in die Nase, welcher Zeugnis der spirituellen Zeremonien lieferte und uns gemeinsam mit dem schlammigen Fledermauskot und kleinen Krabbeltierchen wahrlich beängstigende Gefühle bescherte. Schon seit Anbeginn der Zeit flüchteten sich die Einheimischen in diese Höhlen, um vor Krieg und anderen Katastrophen Schutz zu finden. Heutzutage kommen neben wenigen Touristen vor allem Gläubige an diesen Ort, um für ihr Seelenwohl und Wiedergutmachung zu beten. Nachdem wir in der heiligen Quelle unsere weniger heiligen Füße waschen durften, wurden wir auf dem Heimweg zum Glück noch ordentlich vom heiligen Petrus gewaschen. Sauberer wirds nicht.
Als unsere Schuhe und Jacken wieder halbwegs trocken waren machten wir uns am nächsten Morgen wieder mit Bernard auf die Reise. Diesmal zu den heiligen Klippen von Atwia. Ziel der Reise war ein Berg, welcher über circa 600 Stufen zu erklimmen war. Der schweißtreibende Aufstieg ließ uns das Wasser über unsere unrasierten Häupter fließen, während uns die ghanaischen Ladys mit 35 Liter Wasser auf dem Kopf tragend zeigten, wo der Hammer hängt. Glücklicherweise hatte Bernard der Driver noch weniger Sprit im Tank als wir, weshalb wir unsere deutsche Bergziegen-Ehre wahren konnten. Der überwältigende Ausblick, welcher sich die gesamte Zeit anbahnte konnte leider auf dem Gipfel nicht erfüllt werden, da sich die Ghanaen aus unerfindlichen Gründen dazu entschieden alles mit Beton und Häusern zu bepflastern. Trotz alledem war dieser Ausflug seine Reise wert. Neben einer unfassbar tollen Umgebung haben wir wiederholt sehr freundliche Einheimische getroffen und konnten mit ihnen über den lieben Gott und die aktuellen Geschehnisse der Welt diskutieren. Unsere äußerst holprige, nicht gerade Steißbein schonende Heimfahrt auf dem Motoroller war diesmal zum Glück von Trockenheit gesegnet. Eine weitere köstliche, selbstgekochte Mahlzeit später wurden wir noch von Bernard in eine dunkle Bar auf ein Bier entführt, wo er uns auf eine abenteuerliche Reise zu seiner entlegenen Goldmine einlud. Ob wir dieses Wagnis wirklich eingehen werden, steht allerdings noch in den Sternen…
Eine weitere, etwas längere Busfahrt später kamen wir in mitten in der Nacht in Tamale an. Das erstbeste Taxi fuhr uns in die über booking.com gebuchte Clinton Lodge. Eine Unterkunft, welche neben einem Pool vor allem sehr viel Baustelle bieten konnte. Die 60 Cedi für das Doppelzimmer waren zwar nicht gerade billig, aber zum ersten Mal nach einer langen Zeit hatten wir ein Doppelbett, welches diesen Namen auch verdient hatte. Nur als Zwischenstation gedacht ging es nach dem Frühstück mit dem Taxi ohne Umwege weiter zur Tro Tro Station. Määääääpppp. Da haben wir die Rechnung wohl ohne die Schrottkarre und deren Elektronik gemacht. Erst knapp eine Stunde später konnte ein eilig herbeichauffierter Mechaniker den Fehler beheben und wir endlich unsere Reise beginnen. Weil dem nicht genug war, hatte unser Bus Richtung Mole Park bereits die Reise aufgenommen, als wir an der Station ankamen. Unser Glück war es, dass die Stationsaufseher den rollenden Bus noch telefonisch aufhalten konnten, sodass wir an einer Tankstelle außerhalb der Stadt zusteigen konnten. Im Bus (15 Cedi) haben wir neben einem großen Haufen europäischen Medizinstudenten noch einen sehr netten Herren kennengelernt, welcher sich liebevoll um seinen behinderten Nachbarssohn kümmert und diesen wöchentlich ins 150 Kilometer entfernte Krankenhaus nach Tamale begleitet. Nächstenliebe ist so einfach.
Safari. Safari. Safari.
Wir kamen gerade pünktlich zur Nachmittagssafari (50 Cedi) und setzten uns voller Erwartungen auf die bereitstehenden Safari Jeeps, die uns die nächsten beiden Stunden durch den Park fahren sollten. Doch so hoch unsere Erwartungen waren Elefanten zu sehen, so sehr wurden wir in ihnen enttäuscht. Außer ein paar Reh-ähnlichen Antilopen konnten wir leider keinen Blick auf die wilden Bewohner des Dschungels erhaschen. Da sich dann die Unterkunft (60 Cedi pro Nacht) und das Restaurant (40 Cedi pro Essen) noch als unverhältnismäßig teuer herausstellten war unsere betrübte Miene und der gewohnt unfreundliche, deutsche Gesichtsausdruck in Perfektion von unseren Mäulern abzulesen. Lediglich der grandiose Ausblick über das unendliche Grün und der blaue Pool konnten unsere Laune in mitmenschenfreundlichere Zonen bringen. So lernten wir in Hanif und Wishwa unsere malaysischen Zimmerkollegen kennen und freundeten uns mit ihnen während des Abendessens an, sodass wir fortan die nächsten beiden Tage wie Feuer und Schwefel aneinanderhingen.
Neue Hoffnung versprach die Safari am nächsten Morgen. Mit Kamera, Wasserflasche und müdigkeitsbedingt noch etwas verschlossenen Augen ergatterten wir wieder die wackligen Sitzplätze des Jeeps und staunen nicht schlecht, als wir keine 200m vom Camp entfernt bereits die ersten Dickhäuter entdeckten. Das war nach der gestrigen Enttäuschung durchaus unerwartet. Imposante Tiere, welche eine unglaubliche Ruhe und Zufriedenheit ausstrahlen. Da ihre riesigen Stoßzähne allerdings doch etwas gefährlich wirkten, trauten wir uns nicht näher als 15 Meter an die grauen Rüsselträger heran. Nach einer längeren Fotopause setzen wir die Safari fort und konnten im dichten Dickdicht des grünen Geästs noch weitere elegante Elefanten erspähen. Eine tolle Erfahrung diese Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten. Als wir nach unserer Rückkehr ins Motel sogar direkt von der Restaurant Terrasse einen badenden Elefanten entdecken konnten war der Aufenthalt auf jeden Fall seine Cedis wert. Wir taten es dem afrikanischen Großohr gleich und planschten fast den gesamten restlichen Tag im Pool, es war seit Langem mal wieder richtig heiß! Nur ein kurzer Ausflug ins 6km entfernte Örtchen sollte neben unserer Haut auch unsere Gemüter erhitzen. Gerade als wir uns mit Mangos und Bananen eindecken wollten, bekam direkt vor unseren Augen einer der Dorfbewohner einen epileptischen Anfall. Hanif, Medizinstudent, Bastian und ich, mit unserer Erste-Hilfe Ausbildung, griffen als einzige ein und stabilisierten den jungen Mann so gut wir konnten. Niemand der viele Schaulustigen wusste sonst zu helfen, ein Krankenwagen wurde nicht gerufen, denn die medizinische Versorgung hätte er sich nicht leisten können. So mussten wir ihn betröpelt und völlig entkräftet im Schatten sitzen lassen und hoffen nun darauf, dass er baldmöglichst medizinische Hilfe bekommt, anscheinend war dies nicht sein erster Anfall.
Etwas geschockt setzten wir unsere Einkaufstour fort und machten uns mit Tüten voller Mango und natürlicher Sheabutter wieder auf den Weg zum Park. Dort mussten wir unsere Neuerwerbungen erst vor den frechen Baboo Affen mit Stein und Stock verteidigen und konnten dann als klare Punktsieger den Kampfring Richtung Zimmer verlassen. Diese Viecher scheinen auf Plastiktüten konditioniert zu sein und attackieren alles und jeden um an den vermeintlich essbaren Inhalt heranzukommen. Nicht nur essbar sondern sogar sehr lecker war unser tägliches Abendessen, das wir gemeinsam mit ein paar Club und bei herrlichen Ausblick genossen um uns für die bevorstehende Walking Safari am nächsten Morgen zu stärken. Denn ohne Frühstück starteten wir zu Fuß in den Dschungel und durchforsteten 2,5 Stunden lang die nahegelegenen 3 km2 rund um das Motel. Zwar konnten wir leider den Elefanten nicht vollends auf die Schliche kommen, da sich diese in überschwemmtes Gebiet zurückzogen, doch entdeckten wir zwischen Schlamm und allerlei Baum- und Grasbestand ein wildes Krokodil, Antilopen, verschiedene Vögel, Insekten und viele Affen. Auch erzählte unser Guide einige interessante Dinge über das Verhalten der wilden Tiere, welches wir leider durch den ständigen Lärmpegel unserer spanischen Begleiter nicht selbst zu Gesicht bekamen. Nichtsdestotrotz war die Walking Safari (20 Cedi), neben der Elefanten Sichtung, das Highlight des Mole Parks, da wir so die Natur und die Tiere wirklich hautnah zu spüren und zu sehen bekamen. Neben vielen Eindrücken, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde nehmen ich vor allem eins mit. Dreck an den Schuhen.
So beendeten wir unseren dreitägigen Safari Ausflug mit einem leckeren Frühstück und machten uns im Anschluss gemeinsam mit Hanif und Wishwa auf den Rückweg nach Tamale, wo wir uns von den beiden verabschiedeten und getrennte Wege gingen. So liege ich nun um kurz vor Elf Ortszeit noch in meinem Bettchen des Catholic Guesthouses und sende euch diese Zeilen, während Bastian nach einem leckeren Abendessen im Swad Fast Food Restaurant und einem Abstecher in die Jungle Bar von TICS bereits den Zug ins Traumland genommen hat. Nächste Stopps: Sightseeing in Tamale, Schulbesuch in Salaga, Fährfahrt auf dem Volta, Volta Region mit Wli Waterfalls und Mount Afadjia und Endstation Strand, wo der Zug gegen Surfbretter eingetauscht wird, bevor wir Ende Juli die metallenen Flügel um uns schlingen und Richtung Kap Verden davonsegeln.