Ankunft
Meine Reise nach Indonesien begann nicht direkt mit dem Praktikum an der Schule. Mir kam die Idee, mich davor etwas zu „akklimatisieren“, da in Deutschland zu dieser Zeit bittere Kälte herrschte.
Deswegen habe ich mich mit meiner Schwester auf den Weg nach Bali gemacht. Die Instagram-Insel schlechthin. (Zumindest liest man meistens auf dieser Social Media Plattform bezüglich des Landes Indonesien über Bali.) Ich muss sagen… zu unrecht.
Bali ist zwar an sich eine sehr sehr schöne Insel und ich habe auch nur Teile dieser Insel sehen dürfen, aber eines mag schonmal feststehen. Bali hat insgesamt nur relativ wenig mit den restlichen Teilen Indonesiens zutun, da es meiner Auffassung nach mittlerweile sehr westlich geprägt ist. Außerdem gibt es ein riesiges Müllproblem und viele der Strände sind mit Plastikmüll übersät. Diese Problematik beschränkt sich jedoch nicht nur auf diese Insel. Trotzdem haben wir dort zwei wunderschöne Wochen verbracht und ich kann vor allem die Inseln Nusa Lembongan und Nusa Ceningan empfehlen (In der Nebensaison zumindest).
Nachdem ich mich erfolgreich bezüglich des Wetters akklimatisiert habe, ging meine Reise weiter Richtung Kalimantan, Samarinda. Mir war schon im Vorhinein bewusst, dass die Kultur auf Bali so gut wie nichts mit der auf Samarinda gemeinsam hat. Samarinda ist die Hauptstadt der indonesischen Provinz Ost-Kalimantan auf der Insel Borneo. Borneo ist die drittgrößte Insel weltweit und ist in den malaysischen und den indonesischen Teil, sowie den kleinen Staat Brunei unterteilt.
Die Ankunft war ganz angenehm. Am Flughafen von Samarinda, der erst seit zwei Monaten geöffnet hat, haben mich meine Deutschlehrerin und mein Deutschlehrer herzlich empfangen. Die Fahrt in die Stadt hat noch circa eine Stunde gedauert und wir sind zunächst direkt zu meiner Wohnung gefahren.
Unterkunft
Diesbezüglich habe ich eigentlich ziemlich Glück gehabt. Ich habe ein Zimmer mit einer Klimaanlage und einem eigenen Bad in einem „Gästehaus“. Letztendlich ist das wie eine kleine Wohnung. Im Gang gibt es Tische, Stühle, eine Küche und ein paar Couchen. Die, ich nenne sie mal Wohnanlage, ist relativ neu. Das einzige, woran ich mich kurz gewöhnen musste ist, dass es nur ein Fenster zum Gang raus gibt und man eigentlich nie weiß, wie spät es gerade sein könnte. Aber das ist meckern auf hohem Niveau. Nach der Besichtigung sind wir was Essen gegangen und danach wurde mir noch kurz die Schule gezeigt. Die Hausbewohner sind ziemlich nett und versuchen ab und zu, auch wenn so gut wie keine Englischkenntnisse vorhanden sind, mit mir zu kommunizieren. Dies gilt im Allgemeinen! Englisch sprechen fast nur die Schülerinnen und Schüler und das auch nicht immer besonders gut. Aber das ist eine Erfahrung, die ich hier machen durfte: Man braucht nicht immer Worte, um sich verständigen zu können.
Schule
SMAN 3 Samarinda – 3 beschreibt das „Alter“ der Schule. Je niedriger die Zahl, desto länger besteht sie schon. Die SMAN 3 ist circa 37 Jahre alt. Im Lehrerkollegium befinden sich circa 65 Lehrerinnen und Lehrer. Seit 2007, seitdem meine liebe Deutschlehrerin, Frau Widayati, an der Schule arbeitet, ist der Deutschunterricht im Lehrplan integriert. Insgesamt besuchen 1053 Schülerinnen und Schüler die Schule. 435 davon nehmen am Deutschunterricht teil. Es arbeiten drei Deutschlehrer/innen an der Schule. Meine Praktikumsleiterin Frau Widayati, Herr Roni und Frau Ursula. Ich habe nur was mit Frau Widayati und Roni zutun. Seit 2007 ist diese Einrichtung eine PASCH Schule und somit steht viel Unterrichtsmaterial zur Verfügung. Trotzdem freuen sie sich sehr über weiteres Material aus Deutschland. Die Schülerinnen und Schüler besuchen die zehnte bis zur zwölften Klasse. Der Unterricht beginnt um 7:15 Uhr und endet um 14:30 Uhr. Ich muss aber immer erst irgendwann zwischen 9:00 und 10:00 Uhr da sein. Nach der Schule findet meistens noch ein Intensivkurs für die A1 und A2 Prüfung bis 16:30 Uhr statt, der mir besonders viel Spaß macht, weil die Schülerinnen und Schüler vor allem in diesen Lernphasen besonders wissbegierig sind.
Ich unterrichte immer gemeinsam mit Frau Widayati, wobei jeder immer Teile des Unterrichts übernimmt. (Wenn kompliziertere Erklärungen benötigt werden, übersetzt Frau Wid das auf indonesisch)
Ab nächster Woche bin ich jedoch alleine für die Prüfungsvorbereitung zum B1 Test verantwortlich. Diesen werden drei Schülerinnen und Schüler ablegen.
Insgesamt muss ich sagen, dass die SuS sehr freundlich, hilfsbereit, diszipliniert und lernwillig sind. Als Lehrkraft wird man respektiert. Dieser wird vor allem bei der Verabschiedung deutlich. Jeder Schüler/ jede Schülerin kommt einzeln zur Lehrkraft nimmt dessen rechte! Hand (Die linke gilt als unrein! Niemals mit der linken Hand bezahlen, begrüßen, irgendwas tun) führt diese zur Stirn und bedankt sich. Das ist eine wunderschöne Geste und ich bedanke mich natürlich dann auch jedes mal bei den Schülern. Es ist also insgesamt eine angenehme Lernumgebung. Was besonders schön ist, Frau Widayati ist es sehr wichtig, dass das Lernen Spaß macht. In der Unterrichtsvorbereitung werden stets auch Spiele und ansprechende Materialien mit aufgenommen. So bereitet mir die Umsetzung noch viel mehr Freude. Jeden Dienstag findet nach der Schule eine Deutsch-AG statt. In dieser werden Spiele gespielt, gemeinsam gekocht oder bevorstehende Veranstaltungen besprochen und geplant. Die Schule hat eine eigene Moschee, da die Schülerinnen und Schüler hauptsächlich muslimisch sind. Es sind aber selbstverständlich auch einige andere Religionen vertreten. Ich selbst muss kein Kopftuch tragen, aber natürlich eine lange Hose und ein Oberteil, das über die Schultern geht. Die gesamte Schulfamilie ist unglaublich liebenswert und man erhält ständig Einladungen zu Hochzeiten oder Gebetsfeiern, wodurch man einen guten Einblick in die Kultur erhalten kann.
Stadt/ Umgebung
Meine Wohnung liegt circa 7 Minuten zu Fuß von der Schule entfernt und auf dem täglichen Schulweg werde ich schon von sämtlichen Leuten begrüßt. Manche kenne ich mittlerweile, manche nicht. Ich habe mir angewöhnt einfach ständig zu grinsen und zu nicken. Dies ist deshalb so, weil es hier so gut wie keine Menschen aus dem Westen gibt. Tatsächlich ist es so, dass viele zuvor noch nie eine „bule“ (= Ausländerin) gesehen, geschweige denn mit einer geredet haben. Die Konsequenz daraus ist, dass ich schon gefühlt 10000 Fotos mit allen möglichen Personen gemacht habe. Ab und zu ist das ein wenig unangenehm, aber mit der Zeit bessert sich das und mittlerweile ist der „Ansturm“ auch gar nicht mehr so groß. Das darf man ihnen aber nicht übel nehmen. Das ist alles andere als böse gemeint.
Der Transport – Gojek/ Grab: Das sind zwei Apps, die hier im täglichen Leben nicht mehr wegzudenken sind. Ich selbst benutze Gojek. Mit dieser App kann man ein Taxi (Auto oder Roller) und Essen bestellen. Ich hab schon beides ausprobiert. Das mit dem Roller-Taxi ist super praktisch, aber nicht einfach, da hier wie gesagt nicht viele Personen Englisch sprechen. Das Prinzip: Man gibt seinen Standort ein und den Ort, wohin man möchte. Es wird einem der Preis für die Fahrt angezeigt, was meiner Meinung nach sehr vorteilhaft ist und dann wird nach einem Fahrer gesucht. Wenn ein Fahrer gefunden ist, ruft der normalerweise an und will (auf Indonesisch!) wissen, wo du genau bist. Meine Taktik: Kopiere bevor du die Fahrt buchst deine aktuelle Adresse, wenn ein Fahrer gefunden ist, klicke so schnell wie möglich auf den Chat und schicke dem Fahrer die Adresse. Ich schreibe noch immer dazu „Only English“. Bis jetzt hat jede Fahrt geklappt.
Das mit dem Essen bestellen war leider nicht so erfolgreich. Da die Speisekarten natürlich auf Indonesisch sind und ich nur Mie (Nudeln) und Ayam (Hühnchen) verstanden habe, dachte ich mir, dass das schon passen wird. Am Ende hatte ich gefühlt ein komplettes Hähnchen inklusive Hühnerfüße in meiner Suppe. Naja, vielleicht starte ich irgendwann noch einen zweiten Versuch.
Prinzipiell ist die Stadt mit circa 1 Millionen Einwohner eher groß. Diese liegt an dem sogenannten Mahakam Fluss, der jetzt aber keine besondere Augenweide ist. Außerdem gibt es hier die zweitgrößte Moschee Südostasiens, die ich auch schon besucht habe und tatsächlich sehr eindrucksvoll ist. Der größte Turm ist genau so hoch, wie Allah Namen hat (99). Die Deutschlehrer unternehmen sehr viel mit mir und zeigen mir auch einige Orte. Vor ein paar Tagen waren wir beispielsweise auf einen Abendmarkt, was auch eine sehr interessante Erfahrung war.
Sehr viele Menschen (vor allem die jungen) verbringen ihre Freizeit in der sogenannten BIG Mall. Das ist tatsächlich ein sehr großes Einkaufszentrum, in dem alle möglichen Shops und Restaurants vertreten sind. Dort bekommt man auch richtig guten Cappuccino uuuuund Donuts (J.Co). Wenn man mal wieder zur Abwechslung westliches Essen zu sich nehmen möchte, gäbe es auch Pizza Hut, KFC, etc., was aber nicht so mein Fall ist. Ich finde das Essen hier unglaublich lecker und die Deutschlehrer versuchen mir auch so viel möglich zu zeigen. Mein Lieblingsessen ist bis jetzt Rendang!
Die Stadt an sich ist insgesamt nicht besonders schön, aber es ist zumindest ein bisschen was geboten.
Persönliche/ Berufliche Entwicklung
Es mag vielleicht nicht immer einfach sein, hier „alleine“ zu sein. Mit alleine meine ich, jemanden zu haben, mit dem man seine Erlebnisse und Eindrücke gemeinsam erfahren und teilen kann. Allerdings durfte ich in den ersten beiden Wochen schon so unglaublich viele tolle Erfahrungen machen. Man hat hier die Gelegenheit, tatsächlich voll und ganz in die Kultur einzutauchen, weil man so viele verschiedene Einladungen erhält und durch die kulturellen und sprachlichen Differenzen, muss man immer wieder über sich selbst hinauswachsen und vor allem flexibel sein, was wiederum enorm zu meiner Persönlichkeitsentwicklung und vor allem Selbstständigkeit beiträgt. Mein Deutschlehrer und meine Deutschlehrerin sind sehr offen, deswegen kann ich ihnen zu allen möglichen, vielleicht auch schwierigen Themen, wie zum Beispiel Religion oder Umwelt, fragen stellen und darüber sprechen. Bezüglich des Plastikproblems haben wir beispielsweise beschlossen, dass wir in der Deutsch AG eine „dokumentasi plastic“ drehen möchten, in dem das Problem im Allgemeinen und in der Schule dargestellt wird und was man in der Schule und als Individuum zur Verbesserung beitragen kann.
Ich erhalte außerdem einen detaillierten Einblick in die DAF-Thematik und überlege, eine DAF-Weiterbildung zu machen, da mich hier die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern sehr bereichert.
Ich kann dieses Auslandspraktikum jedem ans Herz legen, der sich beruflich, aber vor allem auch persönlich weiterentwickeln möchte.
Ich bin auf die weiteren Wochen hier in Samarinda sehr gespannt und freue mich auf die verbleibende Zeit!