Kilimanjaro,  Tansania

Jambo Tanzania

Schließe deine Augen. Du befindest dich nun an einem für dich bislang fremden Ort. Du spürst die Sonne auf deiner Haut und die warme Luft um dich herum. Du spürst den Staub der Straßen in deinem Mund und fühlst, wie dir der Wind durch das Haar weht. Du hörst die laute Musik der Läden, das Zirpen der Grillen, die Geräusche der vorbeifahrenden Bodabodas (eine Art Motorradtaxi) und die lauten Stimmen der Einheimischen. Sie unterhalten sich in einer Sprache, die dir vollkommen fremd ist. Du öffnest deine Augen, siehst Frauen in ihren bunten Kleidern und bist beeindruckt, wie sie Eimer und prall gefüllte Säcke scheinbar mühelos auf ihrem Kopf balancieren. Du beobachtest das Treiben am Markt und das Verhandeln der Preise über gelbe Orangen. Und plötzlich zieht etwas deine Aufmerksamkeit auf sich: Du blickst in Richtung Norden und siehst den schneebedeckten Gipfel des Kilimandscharos, der zum Greifen nah scheint.

So in etwa fühlte es sich an, als ich in Himo, einer kleinen, tansanischen Stadt am Fuße des Kilimandscharo, angekommen bin. Vieles wirkte im ersten Moment anders und ja, nicht immer war dieses „anders“ auch gut. Eine Dusche mit kaltem Wasser aus einem Eimer, welches man erstmal aus dem Garten holen musste, die Elektrizität, die mal da war und mal nicht, die Tierwelt, die sich unter anderem als Kakerlake oder Taudendfüßer in Haus und Schule wagte, die Straßen, die in den meisten Fällen nur aus holprigen Wegen bestanden usw., machten mir meine erste Woche nicht immer leicht. Doch schon bald gewöhnte ich mich an dieses Leben und mittlerweile erscheint mir das alles sehr selbstverständlich. Die Menschen hier leben zum großen Teil in sehr einfachen Verhältnissen und schätzen bereits (in unseren Augen) sehr kleine Dinge. Auch ich frage mich mittlerweile, was ich wirklich zum Leben benötige und merke, dass das Leben doch gar nicht so viel Schnickschnack braucht, wie man in Deutschland oft denkt.

Bei meiner Schule handelt es sich um eine Nursery School, sozusagen eine Vorschule. Im Gegensatz zu unserem deutschen Schulsystem findet der Schriftspracherwerb (in Swahili und Englisch) und das Erwerben der Grundrechenarten nicht in der Grundschule, sondern in der Vorschule statt. Um die Grundschule besuchen zu dürfen, ist ein „Interview“ nötig, in welchem mal mehr und mal weniger streng (je nachdem, ob es sich um eine private oder eine staatliche Schule handelt) die genannten Kompetenzen überprüft werden. Die Kinder der Nursery School sind in der Regel zwischen drei und fünf Jahre alt und werden in vier verschiedenen Klassen, je nach Alter und Lernstand, unterrichtet. Und um ehrlich zu sein, war es zu Beginn sehr ungewohnt, Kinder in diesem Alter zu unterrichten und sie in Themen einzuführen, die in Deutschland zum großen Teil erst in der Grundschule behandelt werden.

Die Schule wird finanziell in erster Linie von der Organisation „mkono kwa mkono e.V.“ getragen, welche gemeinsam von der Schulleiterin Neema und einem jungen deutschen Ehepaar gegründet wurde. Diese Vorschule unterscheidet sich auch stark von vergleichbaren Schulen in der Region: Während an anderen Schulen Stockschläge alltäglich sind, wird diese Art der Bestrafung hier abgelehnt und man arbeitet stattdessen mit Belohnungssystemen. Und anstatt auf gleichschrittiges Lernen zu setzen, wird Wert auf Differenzierung und Individualisierung, realisiert durch eine zusätzliche Lehrkraft, die draußen mit den Kindern arbeitet, gelegt.

Meine Aufgaben liegen in erster Linie beim Planen, Durchführen und Begleiten des Englischunterrichts sowie bei der Planung und Durchführung der Kunsteinheiten. Des Weiteren unterstütze ich die Klassenlehrerinnen bei den weiteren Fächern (wie beispielsweise Religion) oder die Lehrkraft draußen bei der Differenzierung, ich stelle neue Bewegungsspiele für die Spielzeiten vor dem bzw. nach dem Unterricht vor, berate die Lehrkräfte zu verschiedenen pädagogischen Fragestellungen sowie plane und führe Workshops für die und mit den Lehrerinnen durch.

Untergebracht bin ich im Haus der Schulleiterin Neema und ihrer Mutter, welches man über eine buckelige Schotterpiste erreicht. Neema ist eine wunderbare, sehr offene und herzliche Person. Sie hat meine Zeit in Tansania durch ihre großartige Art noch besser gemacht. Sie ist auch eine tolle Köchin und hat mir im Laufe der Wochen mit Chapati (eine Art ungesäuertes Fladenbrot), Mandazi (ein Gebäck, das üblicherweise am Morgen gegessen wird), verschiedensten Gerichten aus Kochbananen und vielen mehr die Essgewohnheiten der Tansanier näher gebracht. Erwähnenswert sind hier auch die vielen Mangos, Wassermelonen, Bananen, Kokosnüsse und Passionsfrüchte, die mir das Leben hier sprichwörtlich „versüßt“ haben.

Zugegeben, dass der Großteil der Menschen in Tansania kein bzw. nur sehr schlecht Englisch spricht, überraschte mich doch etwas, da Englisch hier eigentlich eine der beiden offiziellen Amtssprachen ist und ich somit vor dem Beginn meiner Reise geschlussfolgert hatte, dass ich auch ohne gute Sprachkenntnisse in Swahili verstanden werden würde. Aber an dieser Stelle lag ich leider falsch. Dennoch bleiben aber immer noch Mimik und Gestik, was in Kombination mit den grundlegensten aller grundlegenden Begrifflichkeiten in Swahili in den meisten Fällen zum Ziel führt. Und nicht zu vergessen: Ein Lächeln wird an jedem Ort der Welt verstanden!

Mittlerweile liegt dieses Ankommen schon über sieben Wochen zurück und es fühlt sich an, als würde die Zeit immer schneller verfliegen. In bereits weniger als einer Woche werde ich mich von den Lehrerinnen, den wundervollen Kindern und von der großartigen Neema verabschieden müssen. Aber ich bin mir sicher, dass mich die Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen noch mein Leben lang begleiten werden sowie dass ich noch oft an meine Zeit „neben dem höchsten Berg Afrikas“ zurückdenken werde.