Rajkot, inzwischen sind wir seit fast 24 Stunden unterwegs und haben immer noch nicht realisiert, dass wir bereits mitten im Abenteuer Indien stecken. Völlig übermüdet und überfordert vom Besuch unserer ersten indischen Toilette verlassen wir morgens um 6.00am das Flughafengebäude. Dort werden wir herzlich von einem kleinen, älteren Mann in Empfang genommen. Es ist Solomon, unser Mentor und Administrator der Nazarene English Medium School. Doch bevor wir die Schule und unser Zuhause der nächsten Wochen kennenlernen, liegt noch eine dreistündige Autofahrt vor uns. Bereits nach wenigen Minuten bleiben wir abrupt am Straßenrand stehen und bekommen zwischen hupenden Autos, Rickshawsund vielen Kühen den ersten Chai gereicht. Und obwohl wir vor lauter Müdigkeit die Augen kaum offen halten können, gibt es auf der Fahrt nach Samakhiyali so viel zu sehen! Langsam geht die Sonne auf, das Gefühl ist magisch!
Wir passieren das große Schultor, fahren vorbei an Schule sowie Vorschule und können unsere kleine Unterkunft bereits sehen. Zwischen der Wohnung von Solomon und der Direktorin werden wir in den nächsten Wochen wohnen. Sechs kleine Hundewelpen begrüßen uns freudig als wir aus dem Auto aussteigen. Die Unterkunft ist sehr einfach: gepolsterte Liegen zum Schlafen, ein Eimer zum Duschen und eine westliche Toilette ohne Klobrille. Aber wir sind ausgestattet mit viel Desinfektionsspray und Toilettenpapier aus Deutschland. Den restlichen Tag verbringen wir, erschlagen von der Hitze (drückende 30 Grad und Sonne) und von der langen Anreise sowie den zusätzlichen viereinhalb Stunden Zeitverschiebung, unter unseren Moskitonetzen im Bett.
Schulbeginn ist am nächsten Morgen für alle um 7.15am. Die erste viertel Stunde wird gemeinsam gebetet, danach findet bis 1.15pm der reguläre Unterricht statt. Trotz gestelltem Wecker wachen wir erst um 10.00am auf. Solomon reagiert gelassen, er hat mit nichts anderem gerechnet.Für die Zeit in der wir bei ihm sind, sind wir seine Gasttöchter. Er sorgt sich um unser Wohlbefinden, unsere Gesundheit sowie um unsere Sicherheit und erfüllt uns fast alle Wünsche. Jeden Mittag und Abend essen wir gemeinsam und haben viel Zeit, um uns über unsere Erlebnisse auszutauschen und Pläne zu schmieden. Gekocht wird vormittags von Hansa, der Lebensgefährtin des Hausmeisters Nanji, nachmittags werden wir von den beiden mit einer Tasse Chai empfangen.
„Good Morning Miss!“, „Hello Mam! What is your name?“ – euphorische Stimmen und strahlenden Kinderaugen begleiten uns nicht nur während der Schulzeit, sondern auch bei unseren Ausflügen auf den Markt. Samakhiyali liegt im Bundesstaat Gujarat. Fast 5000 Menschen leben mit Kühen, Büffeln und Hunden in dem kleinen Dorf zusammen. Es gibt mehrere Schulen. Unsere Praktikumsschule, die Nazarene English Medium School, ist eine Privatschule und wird von ungefähr 400 Schülerinnen und Schülern besucht. Der Unterricht wird meist frontal abgehalten, umso mehr freuen sich die Kinder über unsere Bastel- und Spieleideen. Da die Englische Sprache nur teilweise beherrscht wird, kommunizieren wir hauptsächlich mit Gestik und Mimik.
Nach der Schule, dem nachmittäglichen Chai bei Hansa und Nanji und einem anschließenden Marktbesuch kommen wir gestärkt vom Kokosnusswasser und ausgestattet mit viel Obst und Guavensaft zurück zu unserer Unterkunft. Bis zum Abendessen mit Solomon bleibt uns noch genügend Zeit zum Lesen, Tagebuchschreiben, gemeinsamen Serie schauen oder Kartenspielen. Wir lernen auf dieser Reise nicht nur die Kultur Indiens kennen, sondern auch uns gegenseitig und vor allem uns selbst. Indien ist einfach magisch!
Namaste Sonja, Daniela & Nicola