Lettland,  Rūjiena

Rūjiena – klein, aber fein

Rūjiena ist eine wunderschöne kleine Stadt im Norden Lettlands und liegt nicht weit entfernt von der estnischen Grenze. Sie gilt auch als die lettischste Stadt in Lettland. Man findet dort keine Russen, alle sprechen normalerweise lettisch und abends kann man im Kulturhaus lettische Tänze sehen, den Chor singen hören oder ein Konzert besuchen. Auch ich habe einen lettischen Tanzabend erlebt, welcher einfach wunderbar war. Es war atemberaubend und sehr interessant für mich, die Menschen in ihrer traditionellen Kleidung tanzen zu sehen. Auf der Aftershowparty bot sich mir sogar die Gelegenheit, selbst mit Mitgliedern aus den Gruppen und mit Freunden von ihnen zu tanzen und mich mit ihnen zu unterhalten. Des Weiteren haben manche Letten ein Theaterstück einstudiert und dieses am sogenannten Rūjiena Tag in Riga aufgeführt. Ich habe es leider nicht gesehen (und es war natürlich auf lettisch), aber wenn ich noch einmal nach Lettland komme, möchte ich unbedingt selbst einen Eindruck davon bekommen, denn auch einige Lehrer spielen in dieser Theatergruppe mit. 

In Rūjiena gibt es neben den allgemeinbildenden Schulen wie Grundschule und weiterführende Schule (≅ Gymnasium) noch viele weitere Schulangebote für die Schüler am Nachmittag, z.B. eine Musikschule, eine Kunstschule und eine Sportschule. Den Schülern wird dort die Möglichkeit geboten, ihre (besonderen) Fähigkeiten durch intensive Übung auszuprägen. Des Weiteren gibt es in der Stadt seit 3 Jahren ein Jugendzentrum, in dem sich die Kinder und Jugendlichen nach der Schule aufhalten können. Es kann ganz verschiedene Gründe für die Schüler geben, dorthin zu kommen, beispielsweise sitzen sie im Jugendzentrum, während sie auf den Bus warten oder sie machen Hausaufgaben und benötigen dabei ein wenig Hilfe. Außerdem treffen sie sich teilweise an dem Ort, um gemeinsam Spiele zu spielen. Es kann auch sein, dass sie im Jugendzentrum nach Anschluss suchen, d.h. nach Freunden, nach einer Ansprechperson, nach einer helfenden Hand. Die Kinder möchten soziale Kontakte herstellen und darüber hinwegkommen, dass sich ihre Familie nicht so gut um sie kümmert. Jeder ist schließlich im Jugendzentrum willkommen. Für die ganz Kleinen findet man in Rūjiena einen sehr großen und wunderschönen Kindergarten, der sehr gut ausgestattet ist. Mit einer Lehrerin habe ich mir diesen Kindergarten auch angesehen. Er ist einfach toll und die verschiedenen Angebote dort gefallen mir ausgesprochen gut. Eine sehr nette Kindergärtnerin hat mir das Prinzip ihrer „Warmen Sandtherapie“ erklärt. Zusätzlich findet man im Kindergarten spezielle Räume für Logopäden und weitere soziale Helfer, sowie eine Salzgrotte im Keller. Ich war erstaunt, was man dort alles vorfindet und wie liebevoll er eingerichtet ist. Für die älteren Bewohner gibt es in Rūjiena eine Volksschule. Dort werden viele tolle Handarbeiten hergestellt, welche auch in der Stadt verkauft werden.

Abschließend möchte ich vor allem über meine Erfahrungen in den Schulen berichten. Ich war sowohl als Praktikantin und Assistenzlehrkraft in der Grundschule als auch in der weiterführenden Schule tätig. Zudem hat mich die Deutschlehrerin auch manchmal in eine dritte Schule (Grund- und weiterführende Schule) nach Mazsalaca mitgenommen. Mazsalaca ist mit dem Auto etwa 20 Minuten von Rūjiena entfernt. Zu Beginn meines Praktikums habe ich erst einmal im Unterricht zugeschaut und vor dem Lehrerkollegium, sowie in manchen Klassen eine Präsentation über meine Person und das deutsche Bildungs- bzw. Schulsystem gehalten. Mir wurde sehr viel angeboten und mit der Zeit habe ich immer mehr eigene Stunden gehalten. Zum Schluss war ich sozusagen überfüllt mit Stunden. Ich habe Englisch in den Klassen 1 und 2, sowie in den Klassen 5 bis 9 unterrichtet. Deutsch lernen die Schüler dort erst ab Klasse 6, aber auch in Deutsch habe ich die ganze Bandbreite von der 6. bis zur 11. Jahrgangsstufe erlebt. Darüber hinaus unterrichtete ich in Rūjiena Sport in Klasse 4. Auch eine Kunststunde habe ich am Ende meines Praktikums mit einer Lehrerin in der 2. Klasse gehalten.

Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, zu unterrichten und ich habe sehr viele Erfahrungen dadurch gesammelt, die mir helfen bzw. auch schon geholfen haben, mich weiterzuentwickeln. Es war überwältigend für mich, dass mir solche Möglichkeiten geboten wurden. Eine komplette Woche habe ich sogar alle Stunden einer Englischlehrerin aus der weiterführenden Schule übernommen. Ich habe also das volle Lehrerprogramm erleben dürfen. Es war mir eine Ehre, die Lehrerin zu vertreten, obwohl ich es als Grunschullehramtsstudentin nicht gewohnt war, in höheren Klassenstufen zu unterrichten (und das auch noch in Englisch). Es war eine neue Herausforderung bzw.  Hürde für mich, die es zu bewältigen galt. Ich stellte fest, dass besonders Klasse 6 eine intensive Erziehung und einen strengeren Umgang erfordert. Ein großes Abenteuer kann ich nur sagen!

Neben den alltäglichen Unterrichtsstunden habe ich auch an vielen zusätzlichen Aktionen und Ausflügen teilgenommen. Es gab einen Snackworkshop, der sehr aufschlussreich und interessant war. Außerdem bin ich mit zum Eislauftraining gefahren und war auf einem Sportwettkampf der 4. Klasse dabei. Ebenso bin ich mit derselben Klasse nach Estland ins AHA-Zentrum gefahren. In Riga habe ich mir mit der Beratungslehrkraft und Schülern aus der Oberstufe die Job- und Karrieremesse angeschaut, in Mazsalaca war ich mit der Deutschlehrerin und ihren 11. Klässlerinnen im Museum und im Naturpark (*wunderschön!*), u.v.m.

Besondere Erlebnisse waren unter anderem die Übernachtung in der Turnhalle mit den 6. Klässlern und die kreative Woche des Jugendzentrums, denn auch dort habe ich manchmal vorbeigeschaut und ausgeholfen.

Insgesamt kann ich nur positive Dinge berichten. Es war ein wundervolles Praktikum, das ich nie vergessen werde! Ich wurde vom ersten Moment an sehr herzlich von den Lehrern empfangen und sehr gut aufgenommen. Sie haben mich in ihr Kollegium vollkommen integriert. Die Lehrer sind sehr sehr nett und so liebevoll und fürsorglich. Die Kleinen aus der Grundschule hatten es mir auch total angetan. Sie haben sich immer so gefreut, als ich da war und sie unterstützte bzw. unterrichtete. Die Arbeit mit ihnen hat mir gezeigt, dass ich genau das Richtige studiere. Sprachlich kam ich auch sehr gut zurecht, vor allem in den Schulen war es kein Problem. Hauptsächlich unterhielt ich mich mit den Lehrern auf Englisch und Deutsch. In der Stadt musste ich teilweise mit Händen und Füßen arbeiten, aber auch die Bürger konnten mich schließlich (zumindest einigermaßen) verstehen. Eine Lehrerin aus Rūjiena hat mir in diesen (knapp) zwei Monaten sogar ein bisschen Lettisch beigebracht. Die Stunden mit ihr waren sehr schön und haben mir die Kommunikation in der Stadt ein bisschen erleichtert.

Ich kann Lettland nur weiterempfehlen!

TOP! Ich habe alle sehr in mein Herz geschlossen! ♥ Meine Mentorinnen waren die Besten! Zudem habe ich zwei sehr gute („internationale“) Freunde in meinem Alter gefunden.

Ich werde all die lieben Menschen und Rūjiena vermissen!