Stellenbosch,  Südafrika

Praktikum Usiko Jamestown

Ich bin nun schon seit fünf Wochen im Praktikum in Jamestown/Stellenbosch.
Unser Praktikum ist so aufgeteilt, dass wir drei Tage die Woche an der Grundschule (1.-7. Klasse, am anderen Ende von Stellenbosch) und zwei Tage die Woche bei Usiko im Projekt sind. Ich finde diese Zweiteilung super und liebe den abwechslungsreichen Alltag!

Pausenhof der Idas Valley Primary School

In diesem Block möchte ich gerne die Arbeit von und bei Usiko ein klein wenig näher beschreiben.

jj

Usiko

Die Organisation

Usiko ist eine Non-Political Organisation (NPO/NGO), die vor rund 20 Jahren gegründet wurde. Das Ziel von Usiko ist es, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die in eher schwierigeren Verhältnissen aufwachsen, in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen. Mithilfe von Lifeskills-Sessions zu Themen wie Emotionen, Beziehungen, Selbstbewusstsein, Drogen, etc. und einer Wilderness-Camp-Erfahrung sollen die Teilnehmenden sich selbst besser kennenlernen und ihr Selbstbewusstsein gestärkt werden, um den Herausforderungen in ihrem Alltag zu begegnen und den Risiken (Gangs, Drogen, Teenage Pregnancy, etc.) besser widerstehen zu können. Usiko kooperiert dabei mit verschiedenen Grund- und weiterführenden Schulen im Umkreis und auch mit zwei Schulen, die in Deutschland am ehesten Berufsschulen entsprechen. Die Teilnehmenden sind daher zwischen 12 und 25 Jahren alt.

Usiko hat einige Sponsoren, die die wertvolle Arbeit unterstützen. Einige Programme werden zusätzlich vom südafrikanischen Staat bezuschusst. Eine Fundraisierin versucht außerdem möglichst viele Unternehmen von einer Zusammenarbeit mit Usiko zu überzeugen. Sie hat mir auch erzählt, dass es in Südafrika ein Gesetz gibt, dass jede Firma 1% ihres Umsatzes an soziale Organisationen spenden muss.

USIKO-Team am Mitarbeiter:innenwochenende

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Weitere Programme von Usiko

Wenn Schulgruppen mit Usiko kooperieren, fährt in der Regel eine Gruppe von Usiko-Mitarbeitenden über einen längeren Zeitraum für regelmäßige Sessions an die jeweilige Schule und arbeitet mit der Gruppe auf sehr interaktive Weise zu verschiedenen Themen, die von den Gruppen selbst ausgewählt werden.

Life-Skills-Session mit einer Gruppe von 7.Klässler:innen

Darüber hinaus hat Usiko über die Jahre viele weitere verschiedene Projekte aufgebaut. Usiko hat auch ein Freiwilligenprogramm für Südafrikaner:innen, die dann die Nachmittagsbetreuung der kooperierenden Schulen unterstützen. Seit einigen Jahren gibt es einen Garten, in dem ab demnächst ein Eco-Agriculturekurs für eine Gruppe von interessierten Schüler:innen angeboten wird. Die Themen dieses Kursen, unter anderem Pflanzen und Pflanzenwachstum, Kreisläufe der Natur, Arten von Böden und Ernährung, werden den Kursteilnehmenden anhand von Hands-On-Erfahrungen und zahlreichen Experimenten nähergebracht. Ich durfte sogar bei der Erarbeitung des Curriculums diesen neuen Projekts ein wenig mitarbeiten, das war total spannend!

jj

Usiko Wilderness Camps

Das Aushängeschild von Usiko und auch mein persönliches Highlight im Praktikum sind die Camps von Usiko. Die Gruppen, die regelmäßige Sessions haben, fahren im Verlauf des Schuljahres dann auf ein dreitägiges Camp, das den persönlichen Lernprozess und auch den Zusammenhalt in der Gruppe enorm stärkt.

Berufsschulgruppe kurz vor ihrem Solo

Die Camps beruhen auf den Grundsätzen Naturerfahrung, Mentoring, Gemeinschaft und Rituale. Kernfragen, die das Camp durchziehen, sind die Fragen:

  • Who am I? (Identity)
  • Why am I here? (Purpose in life)
  • Where am I heading? (Destination in life)
  • What do I have to offer? (Abilities/Talents)

Die Fragen werden jeweils einzeln eingeführt und mit einem der vier Elemente verknüpft. Viele Prozesse finden im Kreis statt, in dem die Teilnehmenden ohne Hierarchie als gleichwertig angesehen werden und jeden Morgen und Abend ihre aktuellen Emotionen, Erwartungen und Tageshighlights teilen. Insgesamt ist die Kommunikation sehr offen, tiegründig und ehrlich. Es wird immer vom Kreis als „safe space“ gesprochen, in dem nach dem Motto „it’s okay not to be okay“ alle Emotionen willkommen sind.

Über die drei Tage finden zahlreiche Prozesse statt, von Icebreakers zum Kennenlernen und Morgensport über zahlreiche Teambuilding-Aktivitäten aus dem erlebnispädagogischen Bereich bis hin zum Solo.

Morgensport
Minefield-Übung zum Thema „Obstacles in your community“ mit anschließendem Teambuilding

Beim Solo werden die Teilnehmenden mit Notizbuch, Snackpaket und den ersten drei Fragen in die Natur geschickt. Dieser Prozess stellt das Kernelement der Camperfahrung dar und wird jeweils im Anschluss in meist sehr emotionalen, offenen und wertschätzenden Gesprächsrunden reflektiert, die sowohl Teilnehmende als aus Betreuende des Camps als sehr gewinnbringend für den Entwicklungsprozess empfinden. Den Abschluss des Camps bilden am letzten Tag eine Dankbarkeitsübung, der Honors Chair und ein emotionaler Abschied. Beim Honors Chair sagen sich die Teilnehmenden gegenseitig, was sie an sich zu schätzen wissen – diese Übung ist immer besonders wertvoll, emotional und schön anzusehen und führt auch beim Usiko-Team meistens zu feuchten Augen.

Mitarbeiter:innencamp: Solo-Preparation, Element Erde mit Frage „Why are you here?“

Meiner Meinung nach sind die Camps wahnsinnig gut aufgebaut und sehr gewinnbringend für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Leute vom Usiko-Team sind extrem warmherzig, voller Liebe und Unterstützung für die Teilnehmenden, sehr passioniert und motiviert und finden in allen emotionalen Momenten genau die richtigen Worte. Auch die Stimmung im Team ist super und ich wurde als Freiwillige schnell in die „Usiko-Familie“ aufgenommen. Dazu beigetragen hat sicherlich auch, dass an meinem ersten Wochenende direkt ein Mitarbeiter:innen-Camp war, an dem wir selbst an den Prozessen teilgenommen haben, die wir sonst von der anderen Seite aus leiten – das war eine unheimlich schöne und auch lehrreiche Erfahrung und eine perfekte Möglichkeit, meine Kollleg:innen für die nächsten Wochen direkt persönlich kennen und lieben zu lernen.

jj

Meine Aufgaben bei Usiko

Ich versuche – je nachdem ob es bei der Schule geht – bei möglichst vielen Camps mitzufahren. An den Office-Tagen habe ich am Eco-Agriculture Programm mitgearbeitet und dafür auch einige Unterrichtsideen recherchiert und Experimente ausprobiert. Ansonsten helfe ich wo ich kann, auch bei der Campvorbereitung oder kleineren Büroaufgaben. Ich fühle mich bei Usiko total wohl und werde jetzt schon emotional, wenn ich an den Abschied denke!

Gruppenfoto vom Berufsschulcamp