Namibia

Okondjatu Ohooooooooooooooooo!

Okondjatu ist ein kleines Hererodorf (~1500 Einwohner) im Nordosten Namibias. Um von Windhoek ins Dorf zu kommen, kann man verschiedene Routen wählen. Die Straßenbedingungen reichen dabei von Schotterpiste (inklusive Reifenpanne) bis hin zu Teerstraße (+ 3 Extrastunden Fahrtzeit). Okondjatu ist recht langgezogen, es gibt ein Viertel mit Steinhäusern und ein wesentlich größeres Armenviertel mit kleinen Wellblechhütten, in denen häufig 8 Personen (auf 2 Betten) leben! Im Dorfkern befinden sich mehrere kleine Shops (die manchmal Toast haben, manchmal nicht), ein Bankautomat (der oft spinnt), ein MTC-Shop (mit Mitarbeiter*innen, die kein Englisch können), ein dubioser Laden, in dem man Strom kaufen kann, die Kirche und der Gospel Outreach Kindergarten sowie diverse „Bars“. Wenige Gehminuten vom Pastorenhaus entfernt befindet sich die Police Station, das Gefängnis (mit sehr freundlichen Insassen) und der Baumarkt (mit den coolsten Mitarbeiter*innen). Unser Leben im Pastorenhaus läuft nach dem Prinzip „ihr Kinderlein kommet“, langweilig wird es hier jedenfalls nicht. Der Grundstücks-Zaun hindert weder Kinder, Katzen, Hunde noch nette Dorfbewohner*innen daran zu Besuch zu kommen, wohl hält er aber unzählige Kühe, Schafe, Ziegen, Esel, Pferde und Hühner, die frei durchs ganze Dorf laufen, davon ab, ins Haus zu kommen. Die Schule mit Hostel und der Community Kindergarten sind ebenfalls in kürzester Zeit zu Fuß erreichbar. Auf dem Weg dorthin kann man frische, direkt über dem Feuer zubereitete, traditionelle Fatcakes kaufen. In der Regenzeit (November bis März) kann es zu starken Gewittern kommen, die so schnell vorbei sind, wie sie gekommen sind. Ähnlich verhält es sich auch mit der Strom- und Wasserversorgung. Abends sollte man unbedingt (gut versorgt mit Insektenspray) den wunderschönen Sonnenuntergang und unvergleichlichen Sternenhimmel von der Terrasse aus bewundern.

Pastor Engelbert und seine Frau Mavis kamen vor 20 Jahren nach Okondjatu und haben seitdem einiges bewirkt! Zusammen gründeten sie die Kirchengemeinde und verwirklichten, mit Unterstützung vom Förderverein Kindergesichter Namibia e.V., den Bau zweier Kindergärten. Seit 2014 kommen bereits regelmäßig junge Menschen aus Deutschland ins Dorf (anfangs über Kolping), um Freiwilligenarbeit zu leisten. Der daraus entstandene Förderverein finanzierte auch die Schlafsaalausstattung des Schüler-Hostels und gründete den Hope Spot, ein noch in den Kinderschuhen steckendes Kinder- und Jugendzentrum. 2023 dürfen wir nun durch die Kooperation mit dem BLLV als erste Gruppe junger Lehramtsstudentinnen in Okondjatu leben und mithelfen. Neben der Schule, in der wir hospitieren und unterrichten, verbringen wir auch Zeit mit den ganz Kleinen in den Kindergärten. Durch eine kleine private Spendenaktion konnten wir zudem unterschiedlichste Projekte im ganzen Dorf unterstützen, z.B. den Bau von Toiletten für den Kindergarten, die Spielplatzrenovierung, Decken für die Gefängnisinsassen oder Schreibwaren für die Schule.

Die dunkle Geschichte zwischen Deutschland und den Herero ist hier kaum noch spürbar, denn die Bewohner*innen Okondjatus haben uns mit offenen Armen herzlich empfangen. Der Blick geht stets in die Zukunft und somit ist das gemeinsame Ziel die Förderung der nächsten Generation Namibias sowie die Stärkung der Freundschaft zwischen den beiden Ländern. Erst seit dem 21. März 1990 ist Namibia unabhängig von Südafrika. Nach der Mongolei ist das Land das zweit dünnst besiedelte Land der Welt, denn auf einer Fläche von 825.000 km² leben gerade einmal 2,3 Mio. Einwohner*innen. 18% der Menschen leben unter der namibischen Armutsgrenze. Auch die AIDS- und HIV-Rate sowie die Anzahl an frühen und ungewollten Schwangerschaften ist sehr hoch. Letzteres führt in vielen Fällen dazu, dass gerade die jungen Mädchen ihre Schulzeit nicht beenden und in jungem Alter nicht nur ihre Eltern und Geschwister, sondern auch die eigenen Kinder finanziell unterstützen müssen. Leider schaffen es nur wenige Schüler*innen, bedingt durch sehr schwere Abschlussprüfungen in der 11. bzw. 12. Klasse sowie hohe Studienkosten, in Windhoek zu studieren und ihr Studium abzuschließen. Auch dann ist ein Arbeitsplatz nicht sicher; es kann vorkommen, dass sich auf eine Lehrer*innenstelle 300 Leute bewerben! All dies führt zu einer hohen Arbeitslosigkeit unter den jungen Menschen, von denen folglich einige in eine Alkoholanhängigkeit geraten.

Namibia ist eine parlamentarische Demokratie; die Wirtschaft ist wesentlich durch Landwirtschaft, Tourismus und Bergbau geprägt. Neben der Währung Namibia Dollar wird zudem der Südafrikanische Rand als Zahlungsmittel akzeptiert. Amtssprache ist Englisch, aber je nach Region werden auch unterschiedliche Stammessprachen oder Afrikaans gesprochen.

Bezüglich traditionellen Essens darf man nicht allzu zimperlich sein (wobei natürlich niemand gezwungen ist zu probieren, wir es aber durchaus empfehlen würden!). So kam es vor, dass der Nachbar kurzerhand einen frischen Ziegenkopf in unser Lagerfeuer schmiss und wir in den Genuss von Ziegenzunge, -ohr und -auge kamen (frisch vom Kopf gerupft versteht sich). Generell ist das Essen sehr fleisch- und fettlastig. Zum Frühstück gibt es oft Porridge oder Omaire, ein Porridge mit saurer Milch. Eine leckere typische Nachspeise ist der Fatcake, ein im Fett ausgebackener Hefeteig. Frisches Obst und Gemüse sind rar, da Namibia ein sehr trockenes Land ist und somit keine eigenen Früchte anbaut. Diese werden größtenteils aus Südafrika importiert.

Die Menschen sind überaus herzlich, freundlich und offen. Ihre Großfamilien und der Glaube sind der Lebensmittelpunkt und geben den Menschen großen Halt im Alltag. Gerade die Bewohner*innen Okondjatus sind über jede Unterstützung sehr dankbar. Typisch für die Herero ist die manchmal wortkarge Kommunikation untereinander, die für uns am Anfang sehr ungewohnt war. Mit einem „Mhh“ oder „Iiiih“ wird dem Gegenüber zugestimmt und insb. unter Männern begrüßt. Unser deutsches „Aha“ ist hier das „Ohooooooo!“. Außerdem kann das Wörtchen „Nawa“ in jedem Gespräch als Universalwort verwendet werden. Besonders wenn wir es verwenden, schmeißen sich alle weg vor Lachen. Noch haben wir nicht herausgefunden, warum… Wahrscheinlich, weil sie sich einfach freuen, dass wir uns in Otjiherero probieren. 😊