Samarinda ist die Hauptstadt der Provinz Kalimantan, hat ca. 1 Mio. Einwohner und liegt am Äquator, was man definitiv am heißen Klima spürt. Kalimantan wird der indonesische Teil von Borneo genannt, der neben Malaysia und dem Sultanat Brunei 70% der drittgrößten Insel der Welt einnimmt. Kalimantan umfasst 28% der Fläche des Inselstaates, jedoch leben dort nur etwa 6% der Gesamtbevölkerung.
In meinem Reiseführer steht über Samarinda geschrieben, dass die Stadt selbst touristisch uninteressant ist. Es stimmt, dass man hier keine anderen europäischen Touristen zu Gesicht bekommt und dennoch fühle ich mich in Samarinda sehr wohl. Die Menschen hier sind, wie die meisten Indonesier, sehr gastfreundlich und hilfsbereit. Außerdem entdecke ich in der Stadt und auch in der Umgebung immer wieder neue schöne Orte.
Ankommen in Samarinda
Am kleinen Flughafen in Samarinda wurde ich von Herrn Roni, dem einzigen Deutschlehrer an der Schule, abgeholt und wir fuhren erst in ein Restaurant zum Mittagessen. Danach fuhren wir zu meinem Guesthaus und mir wurde der Weg zur Schule gezeigt. Ich wohne dort in einem kleinen, gemütlichen Zimmer mit eigenem Bad und Klimaanlage. Mein Zimmer wurde mit allem Nötigen von Herrn Roni ausgestattet. Zur Schule laufe ich von hier nur 7 Minuten.
In der Schule wurde ich am Montag dann erst mal vor der ganzen Schulfamilie von ca. 1000 Menschen vorgestellt. Von den Lehrkräften und Schüler*innen wurde ich sehr herzlich begrüßt. Obwohl viele der Lehrkräfte kein Englisch können und meine wenigen indonesischen Worte nicht für eine richtige Konversation ausreichen, habe ich mit ihnen viel zu lachen, wenn ich im Lehrerzimmer bin. Meistens verbringe ich meine Pausen allerdings im eigenen Büro des Deutschraumes mit Herrn Roni. Zum Mittagessen bringt er uns meist selbstgekochte Gerichte mit und zeigt mir die vielfältige indonesische Küche.
In den ersten beiden Wochen konnte ich gleich mal in die Prüfungsvorbereitung für das Goethe-Zertifikat Fit in Deutsch A1 und A2 einsteigen. In der finalen Vorbereitungsphase trafen Herr Roni und ich uns an 5 Tagen nur mit den Intensivklassen. Dazu teilten wir den Deutschraum auf und ich konnte selbstständig mit den 10 Schüler*innen für die A2-Prüfung üben. Die Arbeit mit den Intensivklassen macht mir besonders Spaß, weil ihre Motivation fürs Deutsch Lernen sehr ansteckend ist und die Sprachbarriere kleiner ist.
Schulleben an der SMAN 3
An der SMA Negiri 3 (staatliche Schule) lernen etwa 1000 Schüler*innen in den Jahrgangsstufen 10 bis 11. Die Schule ist eine der 29 Pasch-Schulen in Indonesien, welche eng mit dem Goethe-Institut Indonesien zusammenarbeiten und einen Fokus auf das Lernen der deutschen Sprache setzen. Das sieht man auch an der modernen technischen Ausstattung im Deutschraum. Herr Roni unterrichtet hier 10 Klassen in je 4 Stunden Deutsch pro Woche. Am Nachmittag findet zusätzlich die Intensivklasse mit den Sprachniveaus A1 und A2 als Wahlfach und die Deutsch AG statt.
Jede Schulwoche beginnt am Montag mit einer offiziellen Zeremonie. Dazu treffen sich alle Schüler*innen und Lehrkräfte auf dem Schulhof. Die indonesische Flagge wird begleitet von der Nationalhymne, gesungen vom Chor und der ganzen Schule, gehisst und auch die Schulhymne darf natürlich nicht fehlen. Sowohl der Nationalstolz als auch die Verbundenheit der Schule ist deutlich spürbar. Jeden Montag hält eine andere Lehrkraft eine Rede und im Anschluss an die Zeremonie werden die Jugendlichen, die in der vergangenen Woche einen Preis bei einem Wettbewerb gewonnen haben, geehrt.
Unterrichtet wird an der SMAN 3 von 7:30 Uhr bis 15:25 Uhr. Anschließend finden zahlreiche AGs wie zum Beispiel Deutsch oder Basketball statt. Die Schüler*innen tragen eine Schuluniform, die jeden Tag verschieden ist. Am besten gefällt mir die mit dem traditionellen Batikmotiv. Die Lehrkräfte unterrichten alle nur ein Fach. In einer Klasse sind meist um die 32 Lernenden. Die klassische Situation, wie sie in deutschen Klassenzimmern zu beobachten ist gibt es hier nicht. Wenn die Lehrkraft eine Frage stellt, sind die Schüler*innen eher zurückhaltend und melden sich nicht, um zu antworten. Stattdessen bekommt man die Antwort mehrfach von einem Chor aus Stimmen zurück. Die Jugendlichen sind sehr respektvoll und dankbar ihren Lehrkräften gegenüber.
In meiner Zeit an der SMAN 3 Samarinda konnte ich bisher vielseitige Einblicke in das Schulleben bekommen. Ich durfte beispielsweise Teil vom Islamunterricht sein, in dem ein Projekt zum Thema Hochzeit inklusive einer Simulation der Eheschließung durchgeführt wurde. Auch von den Abschlussprüfungen der 12. Klassen war ich überrascht. Sie schreiben in jedem Schulfach eine Prüfung und diese online mit dem Handy oder am Laptop. Generell wird hier wenig ausgedruckt und die Lehrkräfte verteilen Material oft in Form von PDFs über die WhatsApp Gruppen, die sie für jede Klasse haben.
Alltag und Freizeit in Samarinda
Am Wochenende unternehmen Herr Roni und auch andere Lehrkräfte mit mir Ausflüge und zeigen mir die Stadt. Alle sind sehr bemüht, mir einen schönen Aufenthalt zu bereiten. So wurde ich zum Beispiel in der zweiten Woche am Abend gleich zu einem Basketballspiel der Schule mitgenommen. Auch außerhalb der Schule viel es mir durch die offene und freundliche Art der Indonesier nicht schwer, neue Kontakte in Samarinda zu knüpfen. Da trifft man durch Zufall eine gleichaltrige ehemalige Schülerin der SMAN 3 auf der Straße und sitzt eine Woche später bei ihr zu Hause und verbringt den Tag gemeinsam mit der Familie.
Samarinda und auch das Leben an der SMAN 3 ist sehr stark vom Islam geprägt, da er mit fast 90% die am stärksten vertretene Religion in Indonesien und Kalimantan ist. Auf dem Schulgelände gibt es eine eigene Moschee, wie fast an allen öffentlichen Orten in der Stadt (Mall, Flughafen, Restaurants). Im Deutschraum liegt ein Teppich, auf dem sich oft an einem Ende Jugendliche ausruhen, während auf der anderen Seite zwei andere beten. Natürlich sind an der Schule auch Schüler*innen anderer Glaubensrichtungen, sodass beispielsweise auch an hinduistischen und katholischen Feiertagen die Schule geschlossen ist.
Vor einer Woche hat der Ramadan begonnen, was sehr interessant ist, um die islamisch geprägte Kultur nochmal ganz anders kennenzulernen. Nicht weit entfernt von meinem Guesthaus befindet sich eine Moschee. Als ich vor ein paar Tagen vom Einkaufen nach Hause gelaufen bin wurde ich herein gewunken und von der Nachbarschaft gleich zum gemeinsamen Fastenbrechen eingeladen. Es ist schön, mit welcher Offenheit die Menschen mir hier begegnen und mir ihre Kultur nahebringen wollen. Nächste Woche wollen wir auch in der Schule gemeinsam mit den Klassen das Fasten brechen. Ich bin sehr gespannt, was ich hier noch alles erleben werde.