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Der erste Schultag an der Karibib Private School (KPS)

Heute hat die Schule begonnen – zumindest für die Kinder. Wir Lehrer*innen hatten unseren „ersten Schultag“ eigentlich schon am Donnerstag. Für Donnerstag und Freitag der vergangenen Woche war für das Lehrer*innenkollegium ein Meeting angesetzt, von dem Pia und ich uns erhofften neben unseren Stundenplänen etwas über den Ablauf, die Zeiten, die Rituale und Regeln oder die Kleiderordnung zu erfahren. Von alledem erfuhren wir jedoch nichts. Anstatt dessen gab es eine kurze Ansprache vom Rektor, der zuständigen Person für die Primary School (Kindergarten, 1-7) und der zuständigen Person der Secondary School (8-12). Es wurde gebetet und der Plan mit den Aufgaben für den Registrierungsprozess besprochen, denn von 7.30 Uhr bis 18.00 Uhr konnten sich die Schüler*innen an der Karibib Private School (im Folgenden abgekürzt durch KPS) für das kommende Schuljahr anmelden. Für Donnerstag waren Anmeldungen der heimischen Kinder und Jugendlichen vorgesehen, für Freitag auch die derer von weiter weg.

Es gab mehrere Stationen, die Eltern und Schüler*innen durchlaufen mussten. Neben einem ausgefüllten Registrierungsformular mussten die Geburtsurkunde und Krankenversichertenkarte sowie ein Bericht der vorherigen Schule (mit Noten) abgegeben werden. Die Lerner*innen der 8. und 10. Klasse wählen zwischen bestimmten Fächern und die Schulregeln werden von Schüler*innen und zugehörigen Eltern unterschrieben. Zudem werden die Zahlungen abgewickelt. Es war also ziemlich viel Organisation.

Pia und ich sind nicht nur an der Schule als Lehrerinnen aktiv, sondern übernehmen zusätzlich die Aufsicht im angegliederten Hostel, in dem wir auch untergebracht sind. Deswegen waren wir dort im Registrierungs-Prozess eingeteilt. Auch hier gab es einige Formulare auszufüllen, u.a. bezüglich Krankheiten, Allergien und Ernährungsgewohnheiten. Die Kontaktdetails wurden aufgenommen und ein grober Ablauf des Alltags vorgestellt. Wieder galt es die Hostelregeln von Schüler*innen- und Elternseite zu unterschreiben. Anschließend wurden die Zimmer zugeteilt, die Ausstattung derer überprüft und die Schlüssel ausgehändigt. So einfach ging das. Trotzdem wurden leider nur acht Kinder und Jugendliche für das Hostel angemeldet: Fünf Mädchen und drei Jungen. An der Schule gab es insgesamt 246 Anmeldungen, jedoch könnten es auch hier mehr sein. Deswegen beschloss das Schulleitungsteam die Anmeldephase zu verlängern und auch heute am ersten Schultag war die Anmeldung noch möglich. Ob und wie viele neue Anmeldungen es gab, weiß ich nicht. Dafür weiß ich nun wie ein erster Schultag hier abläuft. Und zwar so:

Um 6.30 Uhr gibt es ein kurzes Treffen aller Lehrkräfte im Lehrerzimmer. Wieder wird kurz gebetet, der Tagesablauf wird grob besprochen und offene Fragen werden geklärt. Ich hatte allerdings so viele Fragen offen, dass ich gar nicht wusste, wo ich anfangen sollte und es deshalb vorerst gelassen habe nachzufragen.

Um 6.50 Uhr sammeln sich die Schüler*innen der Sekundarstufe nach Klassen und Geschlechtern sortiert vor ihrem Gebäude, die der Primarstufe vor dem ihrigen. Alle stellen sich in Reih und Glied auf und gehen dann nacheinander zur Assembly in die große School Hall.

Diesen Ablauf kenne ich schon so ähnlich von Indien. Das Ganze wirkt auf mich sehr militärisch, scheint hier aber normal zu sein.

Auf dem Weg in die School Hall begegnet man der unübersehbaren Vision of Karibib Private School:

In der School Hall begrüßt um 7.00 Uhr der Rektor die Schüler*innen, das Kollegium und die Eltern, die teilweise mitgekommen sind. Dann wird die Nationalhymne Namibias gesungen, anschließend das Vater Unser gebetet, das ich glücklicherweise durch den Freiwilligendienst an einer katholischen Schule in Indien noch auf Englisch kannte, auch wenn sie hier einige Wörter anders übersetzen. Ein Lehrer spricht das Gebet des Tages, wonach eine längere Ansprach eines Gastredners folgt und ein zweites Mal das Vater unser gebetet wird – diesmal hatte ich mich schon an das ein oder andere neue Wort gewohnt. Danach werden die neuen Lehrer*innen vorgestellt, u.a. Pia und ich. Wir werden hier als Ms. Pia und Ms. Anita angesprochen. Ich finde es schön, dass wir beim Vornamen genannt werden. Nach unserer Vorstellung folgt die der Schüler- und Hostelsprecher*innen, bevor der Schulleiter verkündet, welche Lehrkraft welche Klasse leitet. Ehe es in die Klassen geht, gibt es eine Überraschung für die Erstklässler, die heute ihren ersten Schultag hatten: Ein Panda verteilt ihnen Süßigkeiten.

Zuletzt wird der School Song gesungen und gegen 8.15 Uhr folgen die Lernenden ihren Klassenlehrer*innen in das jeweilige Klassenzimmer. Ich folge der Lehrerin der 8. Klasse, da ich in dieser die meisten Stunden unterrichten werde.

An den meisten namibischen Schulen gibt es das sogenannte 7-Tages-System. Das heißt es gibt einen Stundenplan, der nicht wie in Deutschland von Montag bis Freitag geht, sondern von Tag 1 bis Tag 7. In der ersten Woche entspricht Tag 1 gleich Montag, Tag 2 gleich Dienstag, Tag 3 gleich Mittwoch, Tag 4 gleich Donnerstag und Tag 5 gleich Freitag. Da am Wochenende normalerweise keine Schule stattfindet, geht die Zählung am darauffolgenden Montag mit Tag 6 und am Dienstag mit Tag 7 weiter. Am Mittwoch folgt man wieder dem Stundenplan von Tag 1 usw. Hier an einer kurzen Tabelle veranschaulicht:

Tag 1Montag
Tag 2Dienstag
Tag 3Mittwoch
Tag 4Donnerstag
Tag 5Freitag
freiSamstag
freiSonntag
Tag 6Montag
Tag 7Dienstag
Tag 1Mittwoch
7-Tages-System des Stundenplans an der KPS

Pro Tag gibt es acht Schulstunden, die jeweils 40 Minuten dauern. Nach vier Stunden gibt es eine 30-minütige Pause. Heute war das alles etwas anders. Zwar beginnt der Tag 1 immer mit einer morgendlichen Assembly in der School Hall, jedoch dauert diese im Normalfall maximal 40 Minuten. Anschließend geht jede*r seinem/ ihrem Stundenplan nach.

Heute gehen wir mit den Schüler*innen noch einmal die Schulregeln durch. Diese scheinen wirklich wichtig zu sein. Was bei mir hängen geblieben ist, sind v.a. Disziplin, Gehorsam, Engagement, Aufmerksamkeit und Pünktlichkeit. Anders als in den Praktikumsklassen, in denen ich in Deutschland hospitieren durfte, wo wir gemeinsam mit den Lernenden Regeln für ein funktionierendes Miteinander erarbeitet und begründen lassen haben, wird hier nicht hinterfragt.

Da es aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Registrierung keine Klassenlisten gibt, lassen wir die Kinder ihre Namen auf ein Blatt Papier schreiben. Auch der Stundenplan wird nicht gedruckt und kopiert ausgeteilt, sondern diktiert und ins Heft geschrieben. Das finde ich gar nicht so schlecht!

Um zu erklären, was bei der Schuluniform alles zu beachten ist, kommen die Seniors (Klasse 10-12) vorbei und helfen aus. Hier nur ein Auszug:

  • Die Schuluniform muss sauber und gebügelt sein.
  • Die Schuhe müssen geputzt sein.
  • Die Kleider der Mädchen müssen bis zu den Knien gehen.
  • Die Mädchen mit langem Haar müssen es in einem Zopf hochbinden.
  • Die Jungen sollen ihre Haare und ggf. ihren Bart anständig rasiert haben.  
  • Die Jungen müssen ihr Hemd ordentlich in die Hose stecken.
  • Gürtel sind nur in den Farben schwarz oder braun erlaubt.  
  • Socken sind nur in den Farben weis oder blau erlaubt.
  • Haarbänder hingegen müssen dunkel sein.
  • Es wird nur die natürliche Haarfarbe geduldet.
  • Schmuck oder Nagellack ist verboten und Tattoos sind zu bedecken.
  • Die Schultaschen müssen einfarbig blau oder schwarz sein.
  • Die Sportuniform ist an den Tagen, an denen Sportunterricht stattfindet, den ganzen Tag zu tragen – sonst nicht.

Es gibt so viel falsch zu machen – aber nun sollten die zu Unterrichtenden bestens informiert sein und auch ich weiß, worauf ich achten kann. Auf die Umsetzung bin ich trotzdem gespannt!

Nach der Verlesung der Regeln teilen wir die Schulbücher und Titelblätter für die Hefte aus. In diesem Vorgang werden wir jedoch von dem Pausengong unterbrochen, der wie ein Feueralarm klingt!!

Alle Bücher sind verteilt. Es folgt eine kurze Vorstellungsrunde. Außerdem verlangt die Lehrerin, dass die Schüler*innen in ihre Fachhefte die angestrebte Note schreiben und was sie bereit sind dafür zu tun. Das sollen sie Zuhause von ihren Eltern unterschreiben lassen. Ich bin gespannt, inwiefern sie diese Vorsätze umsetzen.

Um für das Lernen in der Schule zu motivieren, fragt die Lehrkraft anschließend nach den Berufswünschen der Jugendlichen, was ich super spannend finde. Sie erklärt, welche Fächer für die jeweiligen Berufe wichtig sind und warum Schule im Allgemeinen wichtig ist. Die Schulpflicht in Namibia geht meines Wissens nach nämlich nur bis zur 7. Klasse.

Um 13.00 Uhr ist die Schule aus. Es wird noch schnell aufgegeben die jeweils ersten Seiten der Fachbücher zu lesen und dann strömen die Lernenden aus dem Klassenzimmer. Pia und ich suchen den Speiseaal des Hostels auf und freuen uns auf gutes Mittagessen gemeinsam mit den Hostelkids. Es gibt Reis mit Gemüse und Karottensalat. Hmmm!

Der erste Schultag ist aber noch nicht vorbei: Um 14.00 Uhr beginnt das Meeting aller Lehrkräfte der Primarstufe, in der Pia und ich beide unterrichten werden. Dieses dauert bis 16.00 Uhr an. Ich finde es gut, dass alle Lehrpersonen unterschreiben müssen sich zu verpflichten keine körperliche Gewalt im Kontext Schule anzuwenden – so auch wir. Außerdem werden wir bei vielen Fragen mit einbezogen und nach unserer Meinung gefragt. Der Umgang im Kollegium ist bis jetzt insgesamt sehr schön.

Um 19.00 Uhr beginnt im Anschluss an das Abendessen das Meeting aller Aufsichtspersonen des Hostels, das bis 20.00 Uhr andauert.

Mit den dort besprochenen Sachen kann ich aktuell noch wenig anfangen – ich denke ich muss einfach sehen wie es dann in der Praxis aussieht und bin schon ganz gespannt!

Morgen sind Pia und ich dran die Hostelkinder um 5.00 Uhr aufzuwecken, die Duschzeit und Zimmer zu kontrollieren und sie zum Frühstück um 6.00 Uhr zu begleiten. Anschließend werde ich die ersten Unterrichtsstunden allein halten. Langweilig wird mir hier auf jeden Fall nicht!

Gerne möchte ich euch über den Alltag hier berichten, aber es hat sich bis jetzt noch kein Alltag eingebürgert, weswegen ich damit noch warte. Bis dahin müsst ihr euch noch etwas gedulden. Eine gute Zeit wünsche ich und bis bald! 🙂