Hei =)
Ich heiße Katharina und bin seit ca. 3 Wochen an einer barneskole in Tromsø. Die Grundschule geht hier von der ersten bis zur siebten Klasse und ich habe bisher die Möglichkeit gehabt, in eine dritte Klasse hineinzuschnuppern. Eines bereits vorweg: Ich habe schon vor meinem Auslandsaufenthalt einige Praktika absolviert, weil für mich praktische Erfahrung sehr wichtig ist, diese aber im Studium meiner Meinung nach zu Kurz kommt. Ich kann eigentlich von allen Praktika auch nur Gutes berichten. Aber noch nie, wirklich NIE bin ich an einer Schule so herzlich und freundlich aufgenommen worden, wie hier in Tromsø. Das betrifft sowohl die Lehrerinnen und Lehrer, die total offen und interessiert sind, als auch die Kinder, die mir bereits am ersten Tag ein Willkommens-Bild gemalt haben. Ich freue mich jeden Tag darauf, in die Schule zu gehen, weil ich weiß, dass ich dort total integriert werde und es macht einfach unglaublich Spaß den Kindern dort etwas beizubringen, aber auch von ihnen etwas beigebracht zu bekommen (neue norwegische Wörter) und sich mit den Lehrkräften auszutauschen.
Ich hatte auch bereits die Möglichkeit, selbst Unterrichtselemente zu übernehmen. So spielte ich mit den Kindern beispielsweise „Kopfrechenfußball“ und andere Lernspiele. Heute stellte ich den Schülerinnen und Schülern mit einer Präsentation Deutschland vor. Es hat mich total gefreut, dass die Kinder motiviert und interessiert waren und sehr viele Fragen stellten oder mitteilten, was sie bereits über Deutschland wüssten. Zum Abschluss hatte ich selbstgebackene Brezen mitgebracht und an die Kinder verteilt. Es war eine wahre Freude zu sehen, wie leicht Kinder mit einem kleinen Stück deutschen Gebäcks begeistert werden können. Ich fühle mich in der Klasse bereits so wohl, dass ich im Moment gar nicht weiß, ob ich überhaupt in eine andere Klassenstufe hineinschnuppern möchte. Gestern meinte eine Schülerin zu mir „Jeg er glad å ha deg her“ („Ich bin froh, dich hier zu haben“) und das freut einen natürlich sehr. Aber wahrscheinlich werde ich mich letztendlich doch dazu bewegen auch ein Bild von anderen Klassenstufen der norwegischen Schule zu bekommen, da es mich natürlich auch interessiert, wie der Unterricht beispielsweise in einer ersten Klasse abläuft.
Wozu ich mir noch keine wirkliche Meinung bilden konnte, ist zum norwegischen Schulsystem an sich. Man merkt in vielen Bereichen, dass es auf jeden Fall anders ist. Die Schülerinnen und Schüler wirken auf mich „befreiter“ und ich habe das Gefühl, dass sie einfach noch mehr Kind sein dürfen als an deutschen Schulen. Es ist schön anzusehen, wie sehr die Kinder in der Pause aber auch im Unterricht im Spiel versunken sein können. In norwegischen Grundschulen gibt es keine Noten; die Kindern lernen gerne und gehen auch sehr gerne in die Schule (einmal fragten sie die Lehrkraft zum Schulschluss, ob sie nicht noch länger da bleiben könnten).
ABER man merkt auch, dass Drittklässler der deutschen Schulen fachlich den norwegischen Schülerinnen und Schülern um Einiges voraus sind. In Mathematik zum Beispiel rechnen diese Malaufgaben bisher nur mit 5 und 2, während das Malrechnen an deutschen Schulen in der Regel mit Abschluss der zweiten Klasse beherrscht wird. Hierzu muss ich jedoch sagen, dass ich den norwegischen Lehrplan nicht kenne und es natürlich sein kann, dass Inhalte und Kompetenzniveaus anders verteilt sind als vergleichsweise im bayrischen Lehrplan. Den deutschen Schülerinnen und Schülern weit überlegen sind die norwegischen Kinder jedoch im Englischen (sie erhalten ab der ersten Klasse Englisch Unterricht) und vor allem in der Arbeit am PC. Sie entwerfen bereits Power-Point Präsentationen, die ich vielleicht in der achten Klasse zu Stande gebracht hätte.
Worüber ich mir auch noch keine eindeutige Meinung gebildet habe, ist über die pädagogische Offenheit des Unterrichts. Einerseits unterstützt diese die „Befreitheit“ des Kindes, andererseits wurde es mir persönlich teilweise etwas zu wild im Klassenzimmer. Spätestens dann, als Schülerinnen und Schüler, die keine Lust mehr auf Lernen hatten, auf den Regalen im Klassenzimmer herumgeklettert sind oder andere Kinder beim Lernen ablenkten. Auf Verstärkersysteme wird nur sehr sehr selten zurückgegriffen. Aber natürlich ist dies ein Faktor, der sich auch von Lehrkraft zur Lehrkraft unterscheiden kann.
Ich beführworte in vielen Bereichen das befreite und eigenverantwortliche Lernen des Kindes, halte aber auch in einigen Situationen gewisse Instruktionmaßnahmen, feste Regeln und einen gewissen Grad an Lenkung für wichtig da diese Faktoren dem Kind auch Sicherheit geben. Ich werde mir auf jeden Fall weiterhin ein Bild von dem norwegischen Schulsystem machen – zum Glück liegen ja noch ein paar Wochen vor mir 😉
lg, Katharina