Ich hätte niemals gedacht, dass ich das sagen würde, aber die Zeit hier verging so unglaublich schnell. Mir ging es hier richtig gut und es gefiel mir unglaublich gut. Es war einfach alles nahezu perfekt! Südafrika ist mit Abstand das schönste Land, in dem ich bisher war. Richtiges Paradies! Schöne Natur, schöne Strände, super Wetter! Ich konnte mich so unglaublich glücklich schätzen, in diesem Land zu sein, bei einer herzensguten Gastmutter zu leben, tolle Mitpraktikantinnen zu haben, mit denen ich meine Erfahrungen und Erlebnisse teilen konnte, und dass die Organisation hier vor Ort super funktionierte. Da ich hier natürlich oft auch nicht so schöne Sachen sah bzw. mitbekam, merkte ich, wie unglaublich glücklich ich mich schätzen kann, was ich auch zu Hause habe. Eine Familie und einfach alles! Hier merkte ich auch, wie unglaublich gut es mir eigentlich geht und lerne einfach nur glücklich zu sein. Die Probleme, die ich Daheim habe, sind nichts, gegenüber den Problemen, die die Menschen hier haben. Ich wollte garnicht mehr nach Hause, da es soo viel zu entdecken gab! Das Leben war dort einfach schön!
Ich wohnte in Jamestown, ein kleiner Stadtteil von Stellenbosch. Stellenbosch ist vor allem für seine Winefarms bekannt und ist ca. eine halbe Stunde Autofahrt von Kapstadt entfernt. In vielen Reisführern wird Stellenbosch noch zur Region von Kapstadt gezählt. Stellenbosch ist wunderschön, eine Universitätsstadt und sehr sicher (im Gegensatz zu Kapstadt, was ich hautnah erleben durfte…). Die weißen Häuser verleihen der Stadt einen unglaublich schönen Charme. Gelebt habe ich bei einer herzensguten Gastmutter. Ihre Antwort auf alles war „Enjoy yourself – That’s why you are here!“. Ihr war es sehr wichtig, dass wir unsere Zeit in Südafrika genießen und viel erleben. Mit meinen Mitpraktikantinnen verstand ich mich auch richtig gut, das trug denke ich auch viel dazu bei, dass ich kein Heimweh hatte. Das Projekt, an das ich vom BLLV (Bayerischer Lehrerinnern- und Lehrerverband) hier vermittelt wurde, heißt USIKO. Usiko ist ein Projekt, das sich nur durch Spenden finanziert, viel auch aus Deutschland. Eigentlich ist es ein „Hilfe zur Selbsthilfe“-Projekt und kümmert sich um „gefährdete“ Kinder und Jugendliche aus Communitys und Townships in und um Kapstadt („Youth at risk“). Den Kindern und Jugendlichen wird dadurch eine andere Perspektive aufgezeigt. Meiner Meinung nach ist Bildung und Aufklärung die einzige Möglichkeit, um in diesem Land etwas verändern zu können. Diese Ansicht liegt auch dem Projekt zugrunde. Da Südafrika das Land ist, mit den höchsten HIV-Zahlen weltweit, setzt das Projekt auch schon hier sehr früh auf Aufklärung. Das Projekt hat Kooperationen zu verschiedenen Schulen, veranstaltet das Aftercare, bei dem Kinder aus einer „Brennpunktschule“ ein Mittagessen bekommen und nachmittags betreut werden. Diese Kinder haben oft keine Eltern mehr, da diese entweder bereits verstorben sind, im Gefängnis sind, drogenabhängig sind, oder der Vater „mehrere Familien“ hat und die Mutter sich nicht um die Kinder kümmern kann. Die Kinder vom Aftercare kommen auch direkt aus der Community/dem Township zwischen Jamestown/Sommerset West und Kapstadt. Das Herzstück des Usiko-Projekts ist jedoch die Veranstaltung sogenannter „Wilderness Camps“. Das Ziel ist es, „gefährdete“ Jugendliche durch den „Einklang mit der Natur“ auf den „richtigen Weg“ zu führen. Das war sehr interessant, da ich diesen Ansatz aus Deutschland so kaum kannte. Direkt an meinem zweiten Wochenende bin ich mit auf so ein Camp gefahren. Es war eine tolle Erfahrung! Von Montags bis Mittwochs war ich an einer Grundschule in Idas Valley und Donnerstag und Freitag im Usiko-Büro. Nachmittags war ich dann immer noch im Aftercare. Idas Valley ist auch ein Stadtteil von Stellenbosch.
Ich war in einer ersten Klasse („Grade 1“) und in meiner Klasse waren 44 Learners (die Schüler*innen wurden hier nicht pupils genannt, sondern learners). In fast jeder Klasse sind so viele Schüler*innen. Mit so einer großen Klassengröße, ist es unglaublich schwierig Unterricht zu machen. Meine Lehrerin war zwar unglaublich nett und bestimmt auch eine gute Lehrerin hier, jedoch war Schreien ihr einziges Mittel, um die Kinder zu beruhigen. Am Anfang war der Schulalltag extrem anstrengend für mich, da ich diese Schreierei kaum ertragen konnte. Außerdem konnte ich diese „Methode“ am Anfang auch kaum verstehen und nachvollziehen. Nach einiger Zeit neigte ich aber auch schon zu einer lauten Stimme, da ich mir manchmal einfach nicht anders zu helfen wusste. Die Kinder waren zwar einerseits unglaublich liebenswürdig, aber andererseits raubten sie mir auch den letzten Nerv. Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber ich hatte das Gefühl, dass sie von Zuhause kaum Erziehung und Respekt mitbekommen. Im Klassenzimmer waren fast immer 40 Grad und die Kinder durften nur in der Pause trinken, was die ganze Situation noch verschlimmerte. Außerdem war die erste Pause erst nach 2,5h Stunden und Schulschluss war erst um halb 2, obwohl dies eine erste Klasse war und die Kinder erst seit Dezember in der Schule sind. Die Kinder müssen also auch lange auf das Mittagessen warten. In der Schule übernahm ich eigentlich immer ein Drittel der Klasse und machte den Unterricht der Lehrerin. Auch wenn es unglaublich anstrengend war und ich meistens das Gefühl hatte, dass die Kinder nach einem Schultag weder etwas gelernt noch verstanden habe, brachte es mir mehr, als nur dem Unterricht zuzuschauen. Ich lernte viel über mich, konnte mich ein wenig ausprobieren und lernte vor allem Ambiguitätstoleranz. Das größte Problem sah ich darin, dass in der Klasse viele Kinder sind, die nicht in eine normale Regelschule gehören. In Südafrika gibt es jedoch keine Förderschulen und alle Kinder werden gemeinsam geschult. Ich bin mir mittlerweile sicher, dass vier Kinder auf jeden Fall eine Lern- bzw. Verhaltensstörung haben. Auf diese Kinder wurde jedoch überhaupt nicht eingegangen, was sehr traurig war mitanzusehen. Sie schliefen entweder den ganzen Schultag oder wurden nur angeschrien. Zudem störten sie die anderen Kinder. Es kam einem auch so vor, als wären Methoden und Differenzierung den Lehrkräften hier ein Fremdwort. Alles fand frontal statt und spezielle Förderangebote gab es nicht. Zwar gibt es in Südafrika das „Teaching assistant system“, diese Lehrkraft übernimmt jedoch fast nur administrative Aufgaben, sodass die eigentliche Lehrkraft sich auf den Unterricht konzentrieren kann. Auch ich hatte hier die Rolle einer „Teaching assistant“. Zudem übernahm ich oft ein Drittel der Klasse, weshalb es mir möglich war, ein bisschen mehr auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen. Dies forderte mich aber immer sehr heraus, da mir kaum einer zuhörte, alle Kinder sehr laut waren und gefühlt jeder machte, was er möchte… Es ist gut diese Erfahrung mal gemacht zu machen, Lehrerin in Südafrika möchte ich jedoch niemals sein!
Am Anfang hatte ich auch mit der Hitze Schwierigkeiten. Es waren jeden Tag um die 36-40 Grad. Irgendwann hatte ich mich jedoch daran gewöhnt und fande es auch ganz schön. Das Gute war, dass es am Morgen und am Abend abkühlte und man auch gut schlafen konnte. Abends war es manchmal sogar so kühl, dass man ein Jäckchen brauchte. Was auch manchmal nervig war, ist, dass in Südafrika öfters mal der Strom für mehrere Stunde abgeschaltet wird. Seitdem ich hier bin, war es auch schön zu merken, wie sich mein Englisch verbessert hat. Die Leute waren hier alle unglaublich herzlich und hilfsbereit. Das Essen ist total an die europäische Küche angelehnt. Südafrika hat insgesamt 11 Amtssprachen, hier in Western Cape sprachen die meisten Leute aber Afrikaans oder Englisch. Das machte das Leben und Reisen ziemlich einfach. Auch in meiner Schule gab es Afrikaans- und Englischklassen. Die meisten Menschen waren sehr gläubig. In der Schule wurde vor der Schule, vor der Pause und nach der Schule gebetet. Die Geschichte dieses Landes faszinierte mich total, da man bis heute auch noch den englischen Einfluss überall erkennen konnte. Meine Highlights waren der Valentinstag in Südafrika zu erleben, das Camp, mein Wochenende in Kapstadt, das Müllprojekt im Aftercare, der Surfkurs und der Roadtrip.
Eigentlich wäre ich noch länger dort geblieben.. doch Corona machte auch mir ein Strich durch die Rechnung… Ich musste mein Praktikum abbrechen und einer meiner größten Träume, der Roadtrip und die Safari wurden nicht mehr wahr, worüber ich bis jetzt noch sehr traurig bin. Dennoch bin ich so unendlich dankbar für die Zeit, die ich hatte und für die Leute, die ich dort kennenlernen durfte. Es war eine der schönsten Zeiten in meinem Leben! Ich werde auf jeden Fal wiederkommen, denn es gibt noch so viel zu entdecken!! 🙂