Vorbereitungsseminar in Bangkok
Die ersten sechs Wochen sind wie im Flug vergangen. Nach einem entspannten Urlaub und 10 Tagen Akklimatisation starteten Ende Mai die Vorbereitungstage am Goethe-Institut in Bangkok. Neben allgemeinen Informationen zum Goethe-Institut und dem DAF (Deutsch als Fremdsprache) Unterricht, stand vor allem interkulturelles Training mit Schwerpunkt Thailand auf dem Plan. Wir haben einiges über die Kultur gelernt und uns mit allgemeinen Verhaltensweisen vertraut gemacht. So ist es beispielsweise verboten Geldscheine mit den Füßen zu berühren, da hier ein Bild des Königs aufgedruckt ist. Außerdem haben wir erklärt bekommen, warum wir bis Ende Juli gelb, als Oberbekleidung, tragen müssen. Dies geschieht zu Ehren des Königs, der Anfang Mai gekrönt wurde. Gelb ist die ihm zugeordnete Farbe, da er an einem Montag geboren wurde. In Thailand hat jeder Wochentag eine bestimmte Farbe.
Am zweiten Tag haben wir endlich unsere Begleitlehrer kennengelernt. Mich hat Krittikorn, eine Deutschlehrerin an meiner Schule abgeholt. Sie ist in meinem Alter und wir haben uns auf anhieb sehr gut verstanden. Gemeinsam mit allen Teilnehmern und Begleitlehrern sind wir noch in einem Restaurant in Bangkok essen gegangen.
Nongkhai – thailändische Grenzstadt im Nordosten
Für uns, Krittikorn und mich, ging es dann in der Nacht von Samstag auf Sonntag mit dem Nachtzug von Bangkok nach Nongkhai. Morgens angekommen wurden wir auch schon von Tulaporn, meiner eigentlichen Begleitlehrerin, empfangen. Mit dem Auto ging es zu meinem neuen Zuhause für die nächsten 13 Wochen. Einem kleinen Einzimmerappartement mit eigenem Badezimmer. Eine Küche habe ich nicht, was in Thailand eh kaum jemand besitzt. Das Angebot und der Preis für Streetfood ist einfach unschlagbar. Nach etwas hin und her mit dem Vermieter habe ich dann aber einen Kühlschrank bekommen. So steht einem deutschen Frühstück, Müsli mit Milch, nichts im Weg. Nach dem Bezug meines Zimmers sind wir mit einigen Kollegen aus der Fremdsprachabteilung zum Mittagessen an den Mekong gefahren.
Der Montag war ein Feiertag. Daher hatte ich genug Zeit, anzukommen und die kleine Stadt Nongkhai etwas zu erkunden. Nongkhai zeigte sich für mich auf den ersten Blick als kleine und sehr schöne Stadt im Nordosten Thailands, dem Isan. Der Mekong, der Nongkhai auf der einen Seite begrenzt ist gleichzeitig der Grenzfluss zu Laos.
Die erste Schulwoche
Am Dienstag wartete ich um 7:45 Uhr aufgeregt an der Straße und es ging zum ersten Mal zur Schule. Überwältigt von dem unendlich großen Schulgelände bezog ich meinen Arbeitsplatz im Frendsprach-Lehrerzimmer (wir sind hier ca. 20 Kolleginnen und Kollegen) und schon ging es auf zur Morgenzeremonie. Auf dem Weg dorthin wurde ich dem Schulleiter vorgestellt. Da er kaum Englisch spricht war die Verständigung etwas schwierig. Die Morgenzeremonie beginnt jeden Tag um 8:00 Uhr mit der Nationalhymne und der Schulhymne. Anschließend werden den Schülerinnen und Schülern wichtige Informationen mitgeteilt oder sie werden über aktuelle Dinge, auch von außerschulischen Organisationen, informiert.
Von der Morgenzeremonie zurück wurde mir mein Stundenplan ausgehändigt und wir haben besprochen, wie die nächsten Wochen ablaufen werden. Die erste Woche konnte ich hauptsächlich hospitieren ab der zweiten Woche unterrichtete ich eigenständig Deutsch als Fremdsprache. Außerdem bekam ich meinen Text, mit dem ich mich am nächsten Tag an der Morgenzeremonie vor allen Schülerinnen und Schülern (3397) sowie Lehrerinnen und Lehrern (ca. 350) auf Thai und Englisch vorstellen sollte. Der Nachmittag und Abend war also dem Auswendiglernen des Textes und der richtigen Betonung gewidmet. Auch nach sechs Wochen beschränken sich meine Thai-Kenntnisse, trotz großer Bemühungen meinerseits und von meinen Kolleginnen und Kollegen auf die einfachsten Floskeln. Ich finde diese Sprache unglaublich schwer.
Der Deutschunterricht
Der Deutschunterricht findet in sehr kleinen Klassen statt, da die Schülerinnen und Schüler zwischen acht zweiten Fremdsprachen wählen können. So komme ich in den Genuss von Klassengrößen mit einer bis maximal 15 Schülerinnen und Schülern. Der Unterricht ist sehr offen gestaltet und die Schülerinnen und Schüler sind es gewohnt mit viel Engagement am Unterricht teilzunehmen. Der Umgang mit Smartphones im Unterricht unterscheidet sich drastisch von dem an deutschen Schulen. Schülerinnen und Schüler sowie Lehrer verwenden es fast dauerhaft und es kommt vor, dass mitten in der Schulstunde ein Schüler oder eine Schülerin zu telefonieren beginnt. Auch das bei uns zulande typische melde mit Handzeichen ist hier eher unbekannt. Es wird im Kollektiv geantwortet und gelesen.
Nach der ersten Woche habe ich 18 Stunden Unterricht a 50 Minuten eigenständig übernommen. Die Unterrichtssprache ist Deutsch und ich muss nur in den Klassen, die erst wenige Wochen Deutsch lernen teilweise Anweisungen auf Englisch wiederholen. Meine Schülerinnen und Schüler sind in den Stufen M2 bis M6 was der achten bis zur 12 Klasse entspricht. Der Schwerpunkt meiner Stunden liegt auf der richtigen Aussprache, möglichst vielen Sprechsituationen und Landeskunde. Der Unterricht ist dabei meist offen gestaltet. Außerdem finden Spiele wie Vokabelmemory, Tabu und an den Sprachunterricht angepasste Brettspiele viel Verwendung.
Das Leben in Nongkhai
In den ersten Wochen konnte ich Nongkhai mit dem mir zur Verfügung gestellten Fahrrad erkunden. Zwar ist der Verkehr für mich oft etwas gewöhnungsbedürftig und auch noch Linksverkehr. Aber der Verkehr in Nongkhai ist nicht mit der Verkehrsdichte in Bangkok oder irgendeiner anderen Großstadt Thailands zu vergleichen. Als hellhäutige Frau ist man hier eine Rarität. So kommt es nicht selten vor, dass Rollerfahrer mit Kind langsam an mir vorbeifahren und die Kinder mir winken oder man ein „hello“ aus einem Vorgarten zugerufen bekommt.
Die Kommunikation gestaltet sich teilweise etwas schwierig, da viele der älteren Bewohner nur schlecht englisch sprechen und sich mein Thai-Wortschatz auf Hallo, Danke und ein paar Gerichte sowie die Zahlen von eins bis zehn beschränkt. Jedoch sind die Menschen hier mir, als Ausländer, gegenüber sehr Hilfsbereit, was man in anderen Teilen Thailands nicht mehr immer findet, und es werden meist Kinder oder Passanten mit Englischkenntnissen zum Vermitteln herangerufen oder man verständigt sich mit Händen, Füßen und Übersetzungsapp. Man ist hier eben als Farang (das thailändische Wort für Ausländer mit weißer Hautfarbe), eine Rarität. Die Preise für Lebensmittel sind deutlich unter denen in anderen sehr viel touristischeren Teilen des Landes und das Essen im Isan ist einfach nur gut. Auch wenn man sich auf extreme Geschmacksrichtungen einstellen muss und ich fast alles in der „nichtscharfen Variante“ bestellen muss.