„Assalamu alaikum!“, „Selamat soré!“, „Sampai jumpa!“ – verschiedene Begrüßungsformeln, verschiedene Sprachen, aber ein Land – Indonesien. Mit einem 20 kg schweren Rucksack begann meine Reise am 17. Februar 2020 am Münchener Flughafen. Nach circa 20 Stunden Reisezeit erreichte ich mein Endziel, Surabaya, die zweitgrößte Stadt Indonesiens und zugleich die Hauptstadt Ost-Javas.
Hier mein erster Montag an der SMA Negeri 15, einer staatlichen Oberschule in Indonesien. Mein Wecker läutete um 05:30 Uhr. Um 6:00 Uhr ging es von meiner Gastfamilie, bestehend aus Eltern, vier Kindern, zwei Haushälterinnen und einem Privatfahrer, Richtung Schule. Es war eine Strecke von ca. vier Kilometern, welche aber am Morgen durchaus 20 Minuten dauerte. An der Schule angekommen, war ich erstmal sehr überrascht. Die Schule war erstaunlich groß und machte von außen auch einen sehr ordentlichen Eindruck. Draußen tummelten sich große Menschenmenschmassen, bestehend aus Schülerinnen und Schülern, natürlich alle in der gleichen Uniform. Am Montag stand als erstes immer eine Flaggenparade auf dem Programm. Die Schülerinnen und Schüler versammelten sich alle im Schulhof, sie stellten sich in Reih und Glied, geordnet nach Jungen und Mädchen und Jahrgangsstufen, auf. An diesem Tag trugen alle Lernenden zusätzlich eine identische Mütze auf dem Programm. Während dieser Zeremonie sang der Chor verschiedene Lieder, es wurden Bitten und Gebete vorgetragen und der Höhepunkt bestand darin, dass der Polizeipräsident der Provinz die fünf Grundlagen des indonesischen Staates verlas. Die Zeremonie dauerte insgesamt circa 30 Minuten und findet jeden Montag statt. An den anderen Tagen wird morgens aber auch gebetet und die indonesische Nationalhymne verlesen.
Nach dieser Parade begaben sich alle Schülerinnen und Schüler in die Klassenzimmer und der eigentliche Unterricht konnte starten. Der Stundenplan ist für alle identisch. Jeder Tag besteht aus zehn Schulstunden, außer freitags, denn da dies der heilige Tag des Islam ist, endet der Unterricht bereits mittags.
Die Organisation des Schulalltags wirkt auf den ersten Blick recht ähnlich zum deutschen Schulalltag. Bei genaueren Betrachten, sind aber vor allem bezüglich der Mentalität viele Unterschiede zu erkennen. Alle Unterschiede zu nennen, würde den Rahmen hier sprengen, aber ich möchte dennoch auf fünf Beobachtungen meinerseits eingehen:
(1) Jede Unterrichtsstunde startet mit religiösen Ritualen. Auch generell kann man sagen, dass Religion ein fester Bestandteil des Schulalltages ist und auch maßgeblich einzelne Abläufe bestimmt. Die arabischen Gebete werden immer über Durchsagen eingeleitet. An der Schule gibt es auch eine Minderheit christlicher und hinduistischer Schülerinnen und Schüler, welche sich aber an die Gebetszeiten des Islams anpassen müssen.
(2) Lehrerinnen und Lehrer sind in Indonesien absolute Respektspersonen. Treffen Schülerinnen und Schüler auf Lehrpersonen, müssen sie diese mit dem sogenannten „Salim“ begrüßen. Dies ist eine religiös gefärbte Begrüßungsformel, welche Respekt gegenüber Älteren ausdrücken soll. Der Gruß erfolgt folgendermaßen: Man schüttelt dem Lehrer leicht die Hand, führt die Hand zur Stirn und anschließend zum Herzen. Dies ist nicht nur üblich zwischen Schülerinnen und Schülern und Lehrpersonen, sondern auch oft im Alltag zwischen Personen mit Altersunterschied zu erkennen.
(3) Extreme Unpünktlichkeit seitens der Lehrenden. Es ist an einer staatlichen indonesischen Schule kein Problem, eine halbe Stunde zu spät zum Unterricht zu erscheinen oder auch überhaupt nicht zu kommen. Diese Tatsache fand ich sehr verwunderlich und die Einstellung mancher Lehrpersonen auch fragwürdig.
(4) Lernverhalten der Schülerinnen und Schüler. Die Schülerinnen und Schüler lernen viel gemeinsam im Klassenverband, d.h. es bestehen kaum individuale Lernphasen. Wird beispielsweise ein Jugendlicher aufgerufen, ist es auch völlig normal, dass die gesamte Klasse mitdiskutiert und dazwischenruft. Das Schreiben ist in Indonesien generell auch eher unbeliebt und die Lernenden sind es nicht gewöhnt, Dinge selbstständig zu notieren. Erst nach mehrfacher Aufforderung kann man Schülerinnen und Schüler dazu bewegen, relevante Informationen in ihre Hefte zu übernehmen.
(5) Fähigkeit zur eigenen Meinungsbildung. Meiner Meinung nach scheiterte es nicht daran, dass die Lernenden keine derartige Fähigkeit besitzen, sondern vielmehr wird diese im indonesischen Unterricht kaum gefördert und stellt auch nicht unbedingt eine erstrebenswerte Kompetenz dar. Leider ist es aus diesem Grund sehr schwierig, mit den Schülerinnen und Schülern eine Diskussion zu starten, da sie es nicht gewohnt sind, über Dinge länger nachzudenken und sich ihre eigene Meinung zu bilden.
Abschließend kann ich nur festhalten, dass für mich persönlich der Einblick in dieses fremde Schulsystem eine große Bereicherung darstellte und ich würde mir wünschen, dass viel mehr Lehrerinnen und Lehrer oder Studierende, diese Möglichkeit ergreifen, um neue Erfahrungen zu machen!