Costa Rica,  Santa Ana

Von Ticos, Franz Liszt und schönen Stränden

Ich sitz gerade in der Schule und habe in ein paar Minuten Unterricht mit der 8. Klasse. Nur noch 3 Wochen. Und wir müssen noch die Inhalte für das Examen wiederholen. Ich bin im Schulalltag angekommen und habe fast nicht bemerkt, wie schnell die Zeit hier vergangen ist.

Schon vor meiner Ankunft in Costa Rica hatte ich Kontakt mit Valeri, die sich um die Vermittlung der Gastfamilien gekümmert hat. Valeri gab mir dann die Nummer von Javi, der mich auch am Flughafen abholte. Zusammen fuhren wir in seine Wohnung und danach direkt zum Essen in ein typisches Restaurant hier.

Meine Gastfamilie

Eine Gastfamilie im engeren Sinne habe ich nicht. Ich wohne in Ciudad Colon bei Javi, einem Costaricaner in meinem Alter, der mir in seiner Wohnung ein kleines Zimmer zur Verfügung gestellt hat. Javis Wohnung ist in einem gesicherten Viertel, einem sogenannten „Condominio“, von denen es hier sehr viele gibt. Im Condominio gibt es einen Pool und einen kleinen Sportplatz.

Javi ist sehr bemüht, für mich zu sorgen. Mit einer Gastfamilie ist es aber natürlich nicht vergleichbar, da er unter der Woche arbeiten muss und andere Verpflichtungen hat, das ist aber absolut ok. Ab und zu nimmt mich Javi mit zu seiner Familie und wir essen dort zusammen. Javi hat einen Hund und eine Katze und ich kann in seiner Wohnung alles mitbenutzen, was man zum Leben braucht. Abends kommen häufig seine Freunde vorbei, die ich dadurch auch kennenlerne.

Ich fühle mich bei Javi sehr wohl und genieße auch die Flexibilität und Unabhängigkeit, die ich durch das eher WG-mäßige Zusammenleben habe.

Die Condominio Alta Vista in Ciudad Colon

Die Ticos

Die Einwohner Costa Ricas werden auch Ticos bzw. Ticas. genannt. Grundsätzlich sind alle sehr freundlich und hilfsbereit, auch wenn man mal etwas nicht versteht oder eine Frage hat. Sie machen gerne Späße, die auf Spanisch anfangs manchmal nicht so einfach zu verstehen sind, und sind meist recht spontan, was für uns Deutsche manchmal befremdlich ist, da wir gerne vieles im Voraus planen.

Essen und Trinken

In Costa Rica gibt es viele Gemüse- und Obstsorten, die wir in Deutschland nicht (so frisch) kennen. Z.B. gekochte und frittierte Yuca, Wasseräpfel, Platano (Kochbananen, v.a. auch als Chips sehr lecker), „süße Zitronen“, Mango (grün und gelb), Papaya, frische Kakaobohnen oder Agua de Pipa (Kokosnusswasser aus der Kokosnuss). Man sollte auf jeden Fall versuchen so viel wie möglich davon zu probieren, es lohnt sich, den so frisch bekommt man das meiste selten in Deutschland.

Als ich mit einem Paar aus Spanien über das Essen in Costa Rica gesprochen habe, fassten sie es m.E. ganz gut zusammen. „Es muy bueno, pero es aburrido“ (Es ist sehr gut, aber es ist langweilig) In Costa Rica ist man sehr viel Reis und Bohnen und das in allen Variationen. Am bekanntesten ist der Gallo Pinto zum Frühstück (Reis gemischt mit Bohnen) oder ein Casado zum Mittag-/Abendessen (Reis, Bohnen, Fleisch, eine Kochbanane und Salat). Natürlich gibt es auch noch andere Sachen, sehr lecker und gut für unterwegs sind Empanadas (gefüllter Maisteig). Aber auch Chorreadas (süße Maisfladen), Patacones mit Bohnenmus oder Chifrijo sollte man probieren. Das Essen in der Karibik unterscheidet sich etwas von dem im restlichen Land, hier kocht man mit mehr Gewürzen und v.a. viel mit Kokosmilch. Hier sollte man Rice and Beans, Rondon oder Pan Bon probieren.

Generell ist das auswärts Essen gehen hier etwas billiger als in Deutschland. Wobei man den Einbruch des Euro auch hier zu spüren bekommt. Der Kurs hat sich von 720 Colones für 1 Euro auf 600 Colones für 1 Euro vom Frühjahr zum Herbst verschlechtert.

Gallo Pinto

Die Franz-Liszt-Schule in Santa Ana

Die Franz-Liszt-Schule befindet sich in Santa Ana, einem Vorort von San José, der ca. 40 Minuten von der Hauptstadt entfernt ist. Die Schule ist etwas außerhalb der Stadt und man kann mit dem Bus nicht direkt hinfahren. Wenn ich von Ciudad Colon in die Schule gefahren bin (eigentlich nicht so weit) hat es meistens 1 bis 1,5h gedauert, bis ich da war.

Das Schulgebäude erinnert eher an ein altes Landhaus. Die Klassenstufen sind auf Stockwerke aufgeteilt. Die Klassenzimmer haben große Fensterfronten zu beiden Seiten. Im Hof befinden sich große Bäume, ein Springbrunnen und Steintische und Bänke. Dazu gibt es mehrere Freiflächen auf denen die Schüler*innen meist Fußball spielen. In einem weiteren Gebäude ist die Vorschule sowie die Bibliothek und das Laboratorium. Eine Sport- oder Schwimmhalle gibt es nicht, die Schüler haben immer im Freien Sport.

Das Schulsystem in Costa Rica und an der FLS

Das Schulsystem hier unterscheidet sich insofern grundsätzlich von dem in Deutschland, dass hier alle Jahrgangsstufen in einer Schule unterrichtet werden. Von der Vorschule bis zur 11. Klasse gibt es hier alle Stufen. Der Unterricht an sich unterscheidet sich hier in dem Punkt, dass hier in jedem Fach Projekte gemacht werden, in denen die Schüler*innen bspw. Plakate oder Modelle gestalten müssen. Zwischen 7:30 und 14:00 haben alle Klassenstufen Unterricht. Es wird immer in Doppelstunden unterrichtet, dazwischen gibt es immer eine kurze Pause. Mittagspause ist von 12:00 – 12:40 Uhr.

Es gibt keine Mensa an der Schule, dafür hat jedes Klassenzimmer eine Mikrowelle, in der die Schüler*innen ihre mitgebrachten Speisen aufwärmen können. (Bei den Grundschülern macht das oft auch die/der jeweilige Lehrer*in) Grundsätzlich sind die Klassen hier deutlich kleiner als in Deutschland (zwischen 8 und 24 Kindern), was das Arbeiten im Unterricht meist sehr angenehm und persönlich macht. Durch die kleinen Klassen ist auch der Klassenzusammenhalt stärker und enger als bei uns in Deutschland.

Den musikalischen Fokus der Schule bekommt man von Beginn an zu spüren. Die musikalische Erziehung und Förderung ist hier sehr wichtig. Jeder Schüler muss hier ein Instrument spielen (oder singen) und bekommt auch Einzelunterricht. Dazu holt ihn dann ein Musiklehrer während des normalen Unterrichts ab. Zudem haben alle Schüler Ensemble, Chor und/oder Percussion. 

Das Lehrerkollegium, Angestellte und Schulfeste

Insgesamt sind alle Lehrer*innen sehr freundlich und hilfsbereit. Es gibt jedoch kein richtiges Lehrerzimmer (bzw. nur ein sehr kleines)  und auch keine Konferenzen. Daher wird untereinander nicht sehr viel kommuniziert und man bekommt Informationen meist recht kurzfristig.

Der Schulalltag wird immer wieder durch Schulfeste oder Ausflüge unterbrochen. In meiner Zeit an der Schule war bspw. die Mascarada (zu Halloween, es kommen mit großen Masken verkleidete Leute an die Schule und alle feiern), der Franz Liszt-Tag (ein Tag der Musik mit vielen Musikwettbewerben), ein Fußballturnier (von der 10. Klasse organisiert) oder ein Ausflug zum Vulkan Poas.

Die Schule hat sehr viele Angestellte, die sich um das „Drumherum“ kümmern und so den Schulbetrieb am laufen halten. Es gibt jemanden der sich um den Garten kümmert, das Ankunft- und Abholsystem per Auto organisiert, alle Materialien, die man für den Unterricht braucht, organisiert oder sich um die Sorgen und Wehwechen der Kindern kümmert. Auch gibt es zwei Personen, die sich um alle technischen Angelegenheiten kümmern. Am wichtigsten ist Doña Nuri, die (fast) alle Kinder kennt und sich um alle sorgt. Für uns hat sie immer das Mittagessen gekocht und uns einen Kaffee gemacht.

Meine Erfahrungen an der FLS

An meinem ersten Tag an der Schule hatte ich noch keinen Stundenplan und dachte, ich kann zuerst ein paar Tage hospitieren. Da der Deutschlehrer der Ober- und Mittelstufe aber zu einer Fortbildung in Deutschland war, übernahm ich, zusammen mit einer anderen Praktikantin den ganzen Deutschunterricht von der 7. bis zur 10. Klasse. Da man uns erst 5 Minuten vor Unterrichtsbeginn Bescheid sagte, hatten wir keine große Zeit etwas vorzubereiten und mussten spontan improvisieren.

Direkt am Abend nach dem ersten Schultag bekamen wir dann die Info, dass die Schulen in Costa Rica für eine Woche geschlossen werden. Die Kinderkrankenhäuser waren wegen einer Atemwegserkrankung überlastet. Das hieß für uns Online-Unterricht über Zoom vorbereiten und durchführen. Nach 2,5 Wochen kam der Deutschlehrer dann wieder zurück und ich konnte ca. 1,5 Wochen im Unterricht von anderen Lehrer*innen hospitieren. Die letzten 4 Wochen wurden wir dann wieder als Vertretung für die Deutschlehrerin der 4. – 6. Klassen eingesetzt, da diese für eine Fortbildung in Deutschland war. Damit hatten wir nun alle Aufgaben von ihr, also auch die Vorbereitung, Durchführung und das Korrigieren von Prüfungen.

Dadurch, dass wir als Vertretungslehrer eingesetzt wurden, waren wir dementsprechend immer gut eingespannt. Auch wenn die Unterrichtsgestaltung bzw. Planung immer wieder zeitaufwendig war, hatten ich doch alle Freiheiten und konnte einiges ausprobieren und habe auf jeden Fall viel Unterrichtserfahrung dazu gewonnen.

Natur pur und wunderschöne Strände

An den Wochenenden hat man Zeit zum Reisen und kann das Land  entdecken. Ich hatte mir im Voraus einen Reiseführer gekauft und mich mit diesem über die wichtigsten Reiseziele informiert. Was man auf jeden Fall bedenken sollte, die Entfernungen erscheinen zwar nicht weit, man braucht aber im Bus (und im Auto) aufgrund von Verkehr und schwierigen Straßenverhältnissen meist sehr lange um von A nach B zu kommen. Nichtsdestotrotz lohnen sich die Ausflüge auf jeden Fall und man sollte so viele wie möglich machen. Man sieht tolle und facettenreiche Landschaften, viele verschiedene Tiere und wunderschöne und kilometerlange Strände. Die meisten Nationalparks kosten ca. 15 Euro Eintritt.

V.a. die Karibikküste, mit Puerto Viejo und Manzanilla fand ich sehr schön, aber auch der Ausflug nach Monetzuma, bei dem ich Babyschildkröten am Strand sah, war ein Highlight. Wenn man in Costa Rica ist, muss man auf jeden Fall Canopy machen (also an Ziplines durch den Wald „fliegen“ – für ganz Mutige gab es sogar einen Tarzansprung). Eine Kakao- und/oder Kaffetour gehört natürlich auch dazu. Und auch La Fortuna mit seinen Thermalquellen ist eine Reise wert. Fast überall in Costa Rica gibt es richtig schöne Wasserfälle, in denen man meist auch baden kann. Ich möchte aber nicht zu viel vorweg nehmen, denn man muss das Land einfach selbst erkunden. Das hat m.E. den meisten Charme.

Mobilität in Costa Rica

Das Busssystem in Costa Rica ist anfangs für Fremde meist etwas kompliziert. Wichtig ist, dass man zuerst eigentlich immer nach San José muss, um zu einem anderen Ort zu kommen. Es gibt aber in San José keinen Busbahnhof, sondern jede Busfirma hat ihr eigenes Terminal. Am besten sucht man im Internet zuerst die Busfirma mit der man von A nach B kommen möchte und schaut dann nach dem Terminal in San José. Um in San José von A nach B zu kommen kann man auf jeden Fall Uber nutzen, das macht es meistens etwas einfacher und es ist meist nicht so teuer.

Wenn man ein Auto mietet, sollte man auf jeden Fall bedenken, dass die Straßen definitiv nicht so gut sind wie bei uns in Deutschland. Ganz oft hat man auf geteerten Straßen einige (große) Schlaglöcher und z.T. gibt es auch noch Schotterpisten.

Alles in allem war die Zeit hier richtig schön, ich habe viele neue Menschen kennen gelernt und Schule nochmal aus einem ganz anderen und neuen Blickwinkel entdecken dürfen. Es hat sich also auf jeden Fall gelohnt und ich kann es nur jedem wärmstens empfehlen an die Franz-Liszt-Schule nach Costa Rica zu gehen.