Auckland,  Neuseeland,  Nordinsel

Die ersten zwei Wochen an der „Greatest Little School in the Universe“

Zwei Wochen bin ich nun schon hier in Laingholm, einem Vorort von Auckland. Die Zeit vergeht wie im Flug und ein Drittel meines Praktikums an der Laingholm Primary School ist schon vorbei. Kein Wunder, wenn man so herzlich von der Gastfamilie und der Praktikumsschule aufgenommen wird.

Bereits nach dieser kurzen Zeit sind einige Unterschiede deutlich sichtbar.


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Es fängt schon bei der Einschulung an. In Deutschland gibt es hierfür spezielle Stichtage, in Neuseeland läuft es ein bisschen anders ab. Hier am anderen Ende der Welt werden die Kinder ab ihrem fünften Geburtstag zum nächst beginnenden term eingeschult. Die Schule hat also alle drei Monate neue Schüler, die sogenannten new entries.

Auch die Unterrichtszeiten weichen von den deutschen ab. So startet die Schule erst um 08:55 Uhr und endet nach zwei Pausen (morning tea: 10:30 – 10:50 Uhr; lunch break: 12:30 Uhr – 13:20 Uhr) schließlich um 14:55 Uhr. Während dem lunch break werden verschiedene AGs angeboten, wie zum Beispiel Schwimmen, Schulgarten, Cricket und noch viele mehr.

Wie ich es schon aus meinem Praktikum an einer englischen Grundschule kenne, gehört auch in Laingholm das assembly am Freitag zum festen Ablauf. Die gesamte Schülerschaft und das Kollegium treffen sich hierzu in der großen Sporthalle. Hier werden vor allem herausragende Leistungen der Schüler mit einer Urkunde gewürdigt, Geburtstage von Kindern und Lehrern werden gefeiert und vierteljährlich zum neuen term werden neue Mitglieder der Schulfamilie in einem traditionellen Powhiri willkommen geheißen (Der steht für uns nächste Woche auf dem Programm, wir sind schon ganz gespannt :)). Durch dieses wöchentliche Treffen soll das Zusammengehörigkeitsgefühl gefördert werden.

Die selbst ernannte Greatest Little School in the Universe ist sportlich sehr aktiv. Neben dem eigenen Schulpool gibt es noch viele weitere sportliche Aktivitäten an der Schule. So starten alle Kinder sportlich in den Tag. Direkt nach der Anwesenheitsüberprüfung geht es für die Klasse entweder zum cross country, hier müssen die Schüler Runden um die Schule laufen oder zum sogenannten jump jam. Hierbei finden sich alle Klassen auf dem Schulhof ein und tanzen zusammen eine von Kindern ausgedachte Choreografie zu Popliedern. Die Schule nimmt unter anderem an Schwimmwettbewerben teil und veranstaltet weiterhin einen Surftag am naheliegenden Piha Beach. Von solchen Klassenausflügen können wir Deutschen leider nur träumen :).

Neben all diesen eher organisatorischen Unterschieden gibt es natürlich auch im tatsächlichen Unterrichtsgeschehen viele Unterschiede.

Im Gegensatz zur Grundschule bei uns, wechselt die Klassenleitung jedes Jahr, sogar die Klassen an sich werden durchgemischt. Es gibt auch keinen strikt festgelegten Stundenplan, die Lehrkraft erklärt den Kindern jeden Morgen, was heute auf dem Plan steht. Sehr auffällig ist das vollständige Fehlen von Tafeln, dafür sind alle Klassen mit Whiteboards, Fernsehern und vor allem vielen Computern ausgestattet.

Auch die Sitzordnung der Kiwis unterscheidet sich sehr von der unseren, es gibt nämlich keine :). Die meiste Zeit des Unterrichts sitzen die Kinder auf einem Teppich vor dem Whiteboard. Wenn eine Aufgabe zu erledigen ist, können sich die Schüler überlegen, wo sie diese bearbeiten wollen. So können sie zwischen verschiedenen Orten wählen, wie beispielsweise hohen Stühlen mit Tischen, auf dem Boden oder auch unter dem Tisch. Immer wieder kooperieren sie so mit unterschiedlichen Kindern. Besonders die Klasse, die wegen anhaltenden Bauarbeiten übergangsweise in der Turnhalle untergebracht ist, profitiert von diesem möglichen Orts- und Sozialkontaktwechseln.

Auffallend ist weiterhin die praktizierte Form der Inklusion. An der Schule werden zwei Mädchen mit dem Down-Syndrom unterrichtet. Diese nehmen am normalen Unterricht teil, werden allerdings zusätzlich von einem teaching assistant unterstützt. Diese sind meist Eltern von Schülern oder hatten ursprünglich einmal Kinder an der Laingholm Primary. Sie sind jedoch nicht speziell als Schulbegleiter ausgebildet, sondern müssen sich die Fähigkeiten selbst aneignen. Sie kümmern sich außerdem noch um die vier Mädchen an der Schule, die Diabetes haben und werden auch sonst immer wieder in Klassen eingeteilt, in denen autistische oder verhaltensauffällige Kinder unterstützt werden müssen.

Differenzierung an sich kann vor allem beim Lese- und Matheunterricht beobachtet werden. Beim Lesen bis year 4 teilt die Lehrkraft die Kinder in verschiedene Gruppen ein, je nachdem wie gut ihr Leseniveau bereits ist. Diese Gruppen beinhalten meist vier bis fünf Kinder. Zusammen mit dem Lehrer lesen sie speziell auf das individuelle Niveau zugeschnittene Bücher, während sich die restliche Klasse ruhig beschäftigt. Besonders in den unteren Jahrgängen werden diese Gruppen jede Woche verändert, sodass jeder nach dem individuellen Lesestand gefördert werden kann. Beim Matheunterricht verhält es sich ähnlich. Am Anfang des Jahres wird hier zur Lernstanderhebung ein computergestützter Test gemacht, der dann vom Lehrer ausgewertet wird. So wird festgestellt, auf welchem Niveau sich die Schüler befinden und dementsprechend soll dann gefördert werden. Gerade in Mathe habe ich allerdings noch keine solchen Differenzierungsmaßnahmen gesehen, dies wird sich aber sicherlich in den nächsten Wochen ändern.

Was mir persönlich sehr gut gefällt, ist der generelle positive Umgangston von Lehrern und Schülern. Generell loben die Lehrkräfte die Kinder öfter, als mir das bis jetzt in Deutschland aufgefallen ist. Vor allem sind die Lehrer auch nicht so nachtragend gegenüber störenden Schülern. Natürlich wird hier eingegriffen, aber es kommt sehr oft vor, dass das störende Kind im späteren Verlauf des Unterrichts für positives Verhalten extra gelobt wird. Diese Art des Umgangs miteinander beeindruckt mich sehr. Generell herrscht an der gesamten Schule ein sehr angenehmes und respektvolles Klima. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass Laingholm als eine Vorstadtschule bezeichnet werden kann, in der die Lehrer die meisten Eltern der Kinder gut kennen oder oft sogar mit ihnen befreundet sind.

Das Einbeziehen der Kultur der Maori, der Ureinwohner Neuseelands, gehört hier zum festen Schulalltag. Es hängt allerdings stark von den individuellen Sprachkenntnissen und Hintergrundwissen der Lehrkräfte ab, inwiefern und in welchem Umfang diese Kultur miteinbezogen wird. Da das Erlernen von Maori nicht zum Lehrerstudium dazugehört, bilden sich viele Lehrer eigenständig weiter, um dieses Wissen an die Kinder weiterzugeben. So variiert das Verwenden der Sprache vom einfachen Begrüßen in der Früh bis hin zu kompletten Arbeitsanweisungen in Maori. An der Schule selbst gibt es auch eine sogenannte kapa haka Gruppe. Diese befasst sich vor allem mit dem Singen maorischer Lieder und den kulturtypischen Tänzen. Ich für meinen Teil finde es toll, dass auf verschiedene Wege und auch schon von Anfang an versucht wird, diesen wichtigen Teil der neuseeländischen Kultur zu erhalten und weiterzugeben.

Nach zwei Wochen an der Laingholm Primary School kann ich jetzt auf jeden Fall schon sagen, dass ich sehr viel Glück hatte, bei so einer herzlichen Gastfamilie und an so einer tollen Schule gelandet zu sein. Von diesem Praktikum kann ich auf jeden Fall sehr viel mitnehmen und bin sehr gespannt, was ich in den nächsten Wochen noch alles an der Schule erleben werde :).