Mongolei,  Ulanbaartor

Mongolische Natur erleben

Die letzten Wochen sind rasend schnell vergangen und nun brechen auch schon meine letzten 7 Tage in Ulaanbaatar an. „Wer die Schönheit der Mongolei erleben will, muss die Hässlichkeit Ulaanbaatars ertragen“ – so stand es in meinem Reiseführer. Zugegebenermaßen brilliert die Hauptstadt nicht mit architektonischen Meisterleistungen und guter Luftqualität, aber abgesehen davon ist es hier doch sehr lebenswert und man hat alle Möglichkeiten, die es auch in anderen Metropolen der Welt gibt. Nichtsdestotrotz galt es natürlich in meiner Zeit hier, möglichst viel zu sehen. Als Zeitvertreib am Wochenende bieten sich Besuche im Chinggis Khan Museum, im Gandan-Kloster, im Tschoidschin-Tempel, im Winterpalast des Bogd Khan oder die Dsaisan-Gedenkstätte mit Aussichtspunkt und angeschlossenem Einkaufszentrum an.

Darüber hinaus lohnt es sich, verschiedenstes asiatisches Essen auszuprobieren, wie etwas Samgyeopsal (Korean BBQ), KFC (Korean Fried Chicken), chinesisches Hot Tub oder japanische Ramen. Für mich, der zum ersten Mal nach Asien gereist ist, waren das neue Geschmackserlebnisse, die so in Deutschland nur in wenigen Restaurants (und zu hohen Preisen) möglich sind. Hier in der Mongolei gibt es das an jeder Ecke, zu einem (europäischen) Schnäppchenpreis.

Da man auf dem Land oft mehrere hunderte Kilometer bis zur nächsten Ortschaft zurücklegen muss und das Angebot an Öffentlichen Verkehrsmitteln, Wegweisern und Highspeed-Internet außerhalb der Hauptstadt sehr überschaubar ist, ist es tatsächlich am einfachsten, wenn man mit Ortskundigen im Auto unterwegs ist. Funfact an dieser Stelle: obwohl hier wie in Deutschland Rechtsverkehr ist, sind nahezu alle Autos Rechtslenker. Das durchschnittliche Auto eines Mongolen ist ein aus Japan importierter Toyota Prius.

Terelj Nationalpark
Während den einwöchigen Frühlingsferien machten wir einen Ausflug mit meiner Gastfamilie in den nahegelegenen Terelj-Nationalpark (rund 1h von Ulaanbaatar entfernt). Der Besuch der größten Reiterstatue der Welt, einem 40m großen Abbild von Chinggis Khan, war mit einem kleinen Umweg verbunden. Must-See im Nationalpark ist neben der atemberaubenden Landschafft der „Turtle Rock“, eine Felsformation die einer Schildkröte ähnelt und an dessen Fuße eine wichtige Schlacht stattfand. Unweit davon, aber eben kaum ausgeschildert, befindet sich Xtreme Mongolia – ein Actionzentrum mit einer Flying Fox und Hängebrücke, die Waghalsige einen Adrenalinkick verspüren lässt. Übernachten lässt es sich in Terelj in sogenannten Ger-Camps – je nach Preissegment lassen sich diese mit Campingplätzen bis hin zu gehobenen Hotels vergleichen. Gemeinsam haben alle, dass man in den traditionellen Yurten (Gers) übernachtet – ein einmaliges Erlebnis!

Khamariin Khiid
Ein zweites Mal waren wir mit meiner Gastfamilie auf einem Roadtrip durch die halbe Mongolei unterwegs. Die Reise hatte aber (zumindest für alle anderen) weniger touristische, sondern religiöse Gründe: meine Gastfamilie gehört einer alten schamanischen Naturreligion an und da ist es üblich, einmal im Jahr einen sehr spirituellen Ort in der Wüste Gobi zu besuchen: den heiligen Berg Khan Bayanzurkh und das Kloster Khamariin Khiid.
Am Sonntagabend gegen 21:30 machten wir uns auf den Weg Richtung Süden durch die mongolische Nacht und erreichten nach rund 480km kurz vor Sonnenaufgang um 5:00 den heiligen Berg. Dort angekommen, bereitete meine Gastmutter Milchtee zu – nicht etwa für das Frühstück, sondern als Opfergabe. Dann machten sich die Männer der Familie auf den Weg zum Gipfel. Dort oben brachten wir die Nationalgetränke Milchtee & Vodka sowie Vogelfutter, einen gekochten Schafskopf und Milchbonbons als Opfer dar – die Flüssigkeiten und das Vogelfutter wurden weihwasserähnlich verspritzt, während der Rest nahe der Gipfelmarkierung abgelegt wurde, um den wilden Hunden & Wölfen als Futter zu dienen. Währenddessen bot sich uns ein spektakulärer Sonnenaufgang und wir konnten wilde Ziegen und Mufflons erspähen. Nach dem Ritual ging es dann weiter zum etwa 30km entfernten Khamariin Khiid Kloster – laut mongolischem Buddhismus und Schamanismus das Zentrum der spirituellen Energie der ganzen Welt. Auch wenn ich christlichen Glaubens bin, war die Energie dieses Ortes inmitten Steinwüste und abseits jeglicher Zivilisation auch für mich spürbar. Nachdem wir also beide Orte ausgiebig ergründet haben, war es auch schon wieder Zeit für die Heimreise. Unsere Fahrer, also mein Gastvater und -bruder kämpften auf der Rückfahrt mit der Müdigkeit, schließlich lag ja eine schlaflose Nacht hinter uns allen. Wir hingegen bestaunten die schier unendliche Weite der mongolischen Landschaft entlang der transmongolischen Eisenbahnroute, die uns das Tageslicht offenbarte. Im weiteren Verlauf konnten wir sogar eine Pferdegeburt neben der Landstraße hautnah mitverfolgen. Nach langen 19 Stunden und 1100km auf unserem Tacho kamen wir am späten Nachmittag mit vielen neuen Eindrücken im Gepäck zurück von diesem einmaligen spirituellen Trip in die Wüste.

Erdene Zuu, Kharkhorin & Hustai Nationalpark
Ein letzter gemeinsamer Trip führte uns in die ehemalige mongolische Hauptstadt Kharkhorin, rund 360km südöstlich von Ulaanbaatar. Unseren Trip organisierte auf Empfehlung Baigalmaa von BirgaTours und so holte uns unser Fahrer Babu mit einem komfortablen Toyota Hiace am Samstagmorgen vor der Deutschen Schule ab. Auch wenn Babu nur ein wenig Englisch sprach, so fuhr er uns souverän zu allen sehenswerten Orten auf unserer Reise. Unterwegs machten wir an der Sand Dune Minigobi Halt – ein kleiner Wüstenstreifen nahe der Hauptstadt. Angekommen in Kharkhorin erwartete uns das Kloster Erdene Zuu, das wohl älteste buddhistische Kloster der Mongolei. Nach einem kleinen Spaziergang auf einem Hügel in der Abendsonne fuhren wir zu unserer Unterkunft. Dort angekommen stellten wir fest, dass die Besitzer fließend Deutsch sprechen, denn sie haben in den 1980ern in Leipzig Journalismus studiert. Auch ihre Kinder sind dort geboren, darunter der bekannte mongolische Rapper Ginjin, von dem sie uns stolz erzählten (unbedingt auschecken!).
Am nächsten Tag nach dem Frühstück führte der Weg uns wieder Richtung Ulaanbaatar. Etwa 80km vor der Hauptstadt stoppten wir aber noch einmal im Hustai Nationalpark, um Wildpferde und Murmeltiere zu beobachten und im Anschluss bei einer Nomadenfamilie zu übernachten. Inmitten der dämmernden Steppenlandschaft nahm uns die Familie herzlich auf (wir hatten uns zunächst offensichtlich ein wenig verfahren), kochte für uns leckere Khuusuur und wir durften in deren Gästejurte nächtigen. Am nächsten Tag konnten wir dann die Tiere der Familie näher kennenlernen und einen Einblick in deren typischen Alltag gewinnen. Auch wenn die Reise mit rund 250€ p.P. (Essen im Preis inbegriffen) nach dem Flug die wohl teuerste Investition meiner Mongoleireise war, war es auch der absolute Höhepunkt!
(zudem relativiert sich der Preis bei sonst sehr geringen Lebenshaltungskosten in der Mongolei, Vollverpflegung in der Gastfamilie und Gratis-Mittagessen in der Schule)

Alles in allem war die Zeit hier in der Mongolei eine wundervolle Erfahrung, von der mir neben dem Schulalltag an der deutschen Schule vor allem diese drei Erlebnisse lange Zeit in Erinnerung bleiben werden.

Баярлалаа – Danke!