Auckland,  Neuseeland

Koia Kei a Aoteroa! – New Zealand is the best!

Ich hatte das Glück, nach meinem 1. Staatsexamen ein Praktikum an einer neuseeländischen High School machen zu dürfen. Meine persönlichen Erfahrungen und Meinungen könnt ihr hier lesen 🙂

Schule

Die Green Bay High School ist eine richtig große Schule. Aufgebaut ist sie eher wie ein Unicampus mit verschiedenen kleineren Gebäuden. Der normale Tag an der High School beginnt um 8:20 Uhr mit einem Staffmeeting, wo alle Lehrkräfte zusammenkommen und über aktuelle Ereignisse, Termine und auch besondere Schülerleistungen (zum Beispiel den Sport betreffend) informiert werden. Um 8:40 Uhr startet dann der Unterricht, der wirklich in vielen Punkten sehr unterschiedlich zu dem in Deutschland ist. Zum einen ist es viel weniger formell: Schüler/innen sprechen die Lehrer/innen mit Vornamen an, was sich meiner Meinung nach positiv auf die Lehrer-Schüler-Beziehung auswirkt, die deutlich weniger distanziert ist. Dann haben die meisten Schüler/innen keine Hefte oder Stifte dabei, sondern benutzen nur den Laptop. Der Unterricht generell ist zu ca. 90% digital gestaltet! Außerdem haben die Schüler/innen neben den Hauptfächern Englisch, Mathe und General Science eine riesige Auswahl an Wahlfächern, aus denen sie sich einen individuellen Stundenplan zusammenstellen. Die Variation ist wahnsinnig groß: während der eine Schüler im Deutschunterricht sitzt, lernt sein Freund bei Outdoor Education, wie man surft, oder kann seiner Kreativität freien Lauf lassen bei Fashion & Design, Dancing, Drama oder Photography. Des Weiteren gibt es auch gesellschaftswissenschaftliche Fächer (wie History, Social Studies) und welche aus dem sozialen Bereich (z.B. Early Childhood Education, Health Care). Ich muss sagen, die Auswahl fand ich super, hier wird niemand gezwungen, etwas zu belegen, was ihm/ihr nicht liegt oder keinen Spaß macht! Das kann auch eine gute Vorbereitung für die spätere Auswahl eines Jobs oder eines Studiengangs sein!

Negativ aufgefallen ist mir, dass die Erziehung zur Selbstständigkeit zwar das eigentliche Ziel in der Schule ist, dass jedoch die Umsetzung eher schlecht läuft. Meiner Erfahrung nach ist der Großteil der Schüler/innen eher unselbstständig, was die Organisation des eigenen Lernens angeht. Hausaufgaben werden so gut wie nie erledigt. Wenn man krank ist oder nicht da war (, was in Neuseeland sehr oft und einfach geht! Zum Beispiel können die Schüler/innen problemlos außerhalb der Ferienzeiten einfach mal in den Urlaub fahren!), sollte man eigentlich die Arbeit, die die Klasse erledigt hat, selbstständig nachholen, was mit der Nutzung von Google Classroom auch sehr gut gehen würde. Allerdings habe ich so gut wie nie erlebt, dass Schüler/innen das wirklich getan haben. Stattdessen müssen die Lehrkräfte dann im regulären Unterricht, wenn die betreffenden Schüler/innen wieder da sind, helfen, das nachzuholen. Diese Unselbstständigkeit und/oder Faulheit würde mich persönlich auf Dauer super nerven! Generell ist es leistungstechnisch hier sehr locker. Die Schüler/innen bekommen für Prüfungen ewig Zeit, viele Hilfen und Noten gibt es in „deutscher Form“ auch nicht. Der zweite negative Unterschied hängt für mich ein bisschen mit dem digitalen Konzept des Schulsystems zusammen: die Handynutzung im Unterricht. Dadurch dass der Unterricht auf digitale Endgeräte angewiesen ist, denken viele Schüler/innen, dass Handys ebenfalls ein alltäglicher Begleiter im Schulalltag sind. Eigentlich sind Handys jedoch im Klassenzimmer verboten, da die Schüler/innen ja alle ihre Laptops haben. Dennoch sind die meisten Lehrkräfte diesbezüglich nicht strikt genug und somit gibt es viele Jugendliche, die nicht dem Unterricht folgen, sondern auf sozialen Netzwerken unterwegs sind oder Spiele spielen. Bei Lehrern/innen, die nicht durchgreifen, sieht man auch oft Schüler/innen mit AirPods in den Ohren – während der Lehrer/ die Lehrerin mit ihnen redet!

Diese Einblicke und auch die Unterschiede zum deutschen Schulsystem zu entdecken, hat mir sehr viel Spaß gemacht! 🙂

Die Lehrer/innen im Language Department, mit denen ich hauptsächlich zu tun hatte, sind alle super nett und es war immer lustig in den Pausen! 🙂 

Aufgaben der Praktikanten/innen

Hauptaufgabe war für mich wirklich, den Schülern/innen zu helfen. Ich habe jeden Tag mit so gut wie jedem Schüler/ jeder Schülerin eine kleine Unterhaltung passend zum Unterricht geführt, ihnen beim Lesen zugehört und an der Aussprache gearbeitet oder zusammen mit ihnen geschriebene Texte verbessert. Da ich mein Studium bereits abgeschlossen habe, hatte ich mir etwas mehr eigenständiges Unterrichten vorgestellt, hatte aber gleichzeitig auch ein bisschen Respekt davor, das hauptsächlich auf Englisch zu machen, da das nicht Teil meines Studiums war und ich mein Englisch länger nicht gebraucht habe. Deshalb war es am Anfang auch nicht schlecht, eher mehr zu hospitieren und dann stellenweise zu helfen. Ich würde sagen, nach ca. drei Wochen bin ich dann vollständig in meiner Rolle als Sprachassistentin angekommen und habe auch selbstständig einzelne Sequenzen des Unterrichts vorbereitet und durchgeführt (z.B. Sprachspiele, Listenings oder Präsentationen über Deutschland bzw. deutsche Traditionen (Ostern etc.)).

Kinotag im Klassenzimmer mit „Das Wunder von Bern“

Außerdem ist direkt neben der High School eine Grundschule. Da ich Grundschullehramt studiert habe, konnte ich jeden Mittwoch dort in einer 6. Klasse verbringen (das sind in Neuseeland die 10-11-Jährigen). Dort hatte ich die Möglichkeit, immer ca. 1h mit den Kindern Deutsch zu machen und ihnen einen ersten Mini-Einblick in unsere Sprache zu geben. Das waren dann meine eigenen vorbereiteten Stunden, die ich sehr spielerisch gestaltet habe. Diese eine Stunde pro Woche mit den Grundschulkindern war mein persönliches Highlight des Praktikums!

Neben den Deutschstunden an der High School, bei denen ich dabei war, konnte ich in einigen anderen Fächer hospitieren. Ich habe mir dabei vor allem Subjects ausgesucht, die wir in Deutschland so nicht haben, z.B. Photography, Fashion & Design, Englisch als Erst- und auch als Zweitsprache, Maoriunterricht, Media Studies usw. Das fand ich sehr spannend, vor allem, weil ich mir immer, wenn ich einen guten Eindruck von einem Fach bekommen habe (meistens nach ein bis zwei Wochen), etwas Neues aussuchen konnte.

Außerhalb der Schule (Freizeit, Wochenenden)

Ich habe die ganzen drei Monate während meines Praktikums in Titirangi bei einer Gastfamilie bzw. eher bei einer Gastmutter gewohnt. Leider ist das sowie auch die Green Bay High School sehr weit im Westen von Auckland und somit auch sehr weit weg vom Zentrum. Ohne Auto war es echt nicht leicht, von A nach B zu kommen. Ich habe mir nach zwei Wochen von einer Lehrkraft ein Fahrrad geliehen. Allerdings ist Fahrrad fahren hier erstens super anstrengend, weil es sehr hügelig ist, und zweitens auch recht gefährlich, weil die Leute in Neuseeland insgesamt recht schlecht Auto fahren und dich gerne mal übersehen! Aber als Transportmittel zur Schule war das wirklich perfekt! Leider sind die öffentlichen Verkehrsmittel in Auckland wirklich nicht so toll…unzuverlässig, es dauert sehr lange, weil schlechte Verbindungen, und nach 22 Uhr fährt eigentlich nur noch der zentrale Stadtverkehr. Für eine Millionenstadt ist das echt erstaunlich… Wahrscheinlich fand ich es auch deshalb recht schwierig, mich mit neuen Leuten zu treffen bzw. überhaupt welche kennenzulernen. Ich war sehr froh, dass in meinen ersten Wochen noch drei andere BLLV-Mädels in Auckland waren, da wir so zusammen einiges unternehmen und uns nach der Schule mal treffen konnten. Ansonsten habe ich dann häppchenweise einige andere Deutsche kennengelernt.

Was ich allerdings wirklich empfehlen kann, ist, sich einen Sportclub (v.a. Mannschaftssport) zu suchen. Ich spiele zum Beispiel Feldhockey und habe direkt, nachdem ich angekommen bin, bei einem Team in meiner Nähe reingeschnuppert. Seitdem habe ich an zwei Abenden die Woche trainiert und, wenn ich wollte, am Wochenende auch bei Spielen mitgespielt. Das war wirklich klasse, um neue und vor allem auch einheimische Leute kennenzulernen!

Unter der Woche habe ich also meistens nach der Schule Sport gemacht oder war mit meinen paar Freunden Kaffee trinken (wofür man erst mal ein Café finden muss, das nach 15 Uhr noch geöffnet ist!), spazieren oder am Strand. Die Wochenenden waren bei mir auch nie langweilig, weil ich so viel wie möglich unternehmen wollte. Ich habe also richtig viele kleinere Tagesausflüge nach Auckland in die Stadt oder in die Suburbs gemacht (zum Beispiel in die Queen Street zum Shoppen, an den Hafen, nach Davenport auf den Mount Victoria, nach Mount Eden, nach Point Chevalier an den Strand oder auf einen der zahlreichen Märkte). Außerdem habe ich verschiedene Ausflüge auf Inseln rund um Auckland gemacht (z.B. Waiheke und Rangitoto) und auch welche, die weiter weg gingen (z.B. nach Piha oder Cape Reigna).

Wochenendausflug nach Piha
Wochenendausflug nach Piha
Wanderung auf Rangitoto
Wanderung auf Rangitoto

Und schon wieder vorbei…

Die drei Monate Praktikum gingen so schnell herum. Ich habe wahnsinnig viele Eindrücke sammeln können, der Einblick in ein so ganz anderes Schulsystem war total spannend! Ich finde, dadurch dass ich in dreierlei Hinsicht aus meiner Komfortzone ausgetreten bin (1. sehr weit weg von daheim, 2. High School-Jugendliche im Unterricht statt Grundschüler/innen, 3. Unterrichtssprache Englisch), habe ich sehr viel dazu gelernt.

Jetzt beginnt meine Reisezeit durch Neuseeland, wo ich dieses wunderschöne Land noch genauer erkunden kann! Ich freu‘ mich schon drauf!

Putaruru Blue Springs
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