Ich bin inzwischen seit vier Wochen in Valongo, was so viel heißt wie „langes Tal“ und laut Schüleraussagen die dritthässlichste Stadt Portugals ist. Titel und erste Zeile widersprechen sich hiermit offiziell! Darum jetzt die Facts für ein genaueres Bild und einen eigenen Eindruck:
Valongo ist eine Stadt im Norden Portugals mit knapp 25.000 Einwohnern. Mit dem Zug oder dem Bus kann man Porto in nur ca. 30 Minuten erreichen, die Fahrt kostet einfach 1,75 € bis 2,00 €. Die Stadt ist bekannt für Schiefer, Süßgebäck, Gold (früher) und Fossilienfunde und Höhlen im Parque Paleozóico de Valongo bzw. der Serra de Santa Justa.
Die Menschen hier sind unheimlich freundlich und warmherzig. Ich wurde von meiner „landlady“ am Flughafen abgeholt und prompt zum Essen mit Freunden und Verwandten eingeladen. An diesem Punkt habe ich gleich drei Dinge gelernt: als Gast bist du König, wenn du zum Essen Wasser trinken möchtest wirst du ausgelacht (hier wird natürlich Wein getrunken, auch Mittags! Überhaupt: Portugiesische Weine! Portwein!!) und man ist stolz auf die portugiesische Küche, welche sehr fleisch- und fischlastig ist. Das Thema war auch in der Schule, in der meine erste Aufgabe war mich und Deutschland vorzustellen, auf einem der oberen Ränge, denn auch die Schüler haben mir versichert ich müsse unbedingt Bacalhau, Pasteis de Nata und Francesinha essen! In Portugal kann man nämlich an 365 Tagen ein anderes Bacalhau-Gericht kochen, stundenlang über die richtige Salz-Technik vor dem kochen sprechen oder ganze Arien über den Fisch singen! Wenn man Portugal besucht ohne Bacalhau zu essen ist das, als wäre man in Paris gewesen, ohne den Eiffelturm besucht zu haben.
Diese und viele andere Dinge stehen also auf meiner To-Do-Liste. Wohnen werde ich während meiner Zeit in Portugal in einem uralten Häuschen auf dem Grundstück der Lehrerin, die mich vom Flughafen abgeholt hat. Fast die gesamte Einrichtung (zeitgemäße Komfortansprüche werden weitgehend bedient (Kühlschrank, Mikrowelle,…)) stammt aus einer Zeit vor sämtlichen Weltkriegen, was einen unendlichen Charme versprüht, aber auch sehr kühl (temperaturmäßig) werden kann. Ich teile mir das Haus mit einem anderen Praktikanten. Aus dem Garten unserer Gastgeberin dürfen wir uns nach Belieben Orangen, Mandarinen und Zitronen nehmen- ein Traum! Gleich hinter dem Haus beginnt ein Naturreservat, der Parque Paleozóico de Valongo. Hier verbringe ich Stunden mit Wandern und Joggen- EIN TRAUM!
Ich darf während meiner Zeit hier vor allem eine Lehrerin begleiten, die aus unterschiedlichen Gründen Schüler von Kindergartenalter bis zehnte Klasse in Englisch unterrichtet- für mich eine spannende Erfahrung, vor allem weil sich mein Portugiesisch-Wortschatz zunächst auf „Bom dia“, „Todo bem?“ und „obrigada“ beschränkt. Die Jahrgangsstufen verteilen sich auf mehrere Schulen in Valongo und Sobrado. Im Laufe meines Praktikums übernehme ich deswegen je nach Altersstufe mehr oder weniger lange Aufgaben im Unterricht. Der Unterricht verläuft hier (zumindest soweit ich das mitbekommen habe) lockerer als in Deutschland. Es wird auch mal kurz über vom Stoff abweichende Themen geredet. Für mich ist dadurch jedoch nicht der Eindruck entstanden, dass weniger gelernt oder gearbeitet wird, sondern eher, dass das persönliche Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern herzlicher ist, mehr Bedeutung erhält, besser gepflegt wird. Vielleicht ist das auch der Tatsache „geschuldet“, dass die Schule hier von 8.20 Uhr bis 18.30 Uhr geht und beide Parteien somit deutlich mehr Zeit in der Schule verbringen, als das in Deutschland der Fall ist.
Die Lehrerin, die ich begleite, nimmt sich auch in ihrer Freizeit unheimlich viel Zeit um mir verschiedene sehenswerte Orte und Köstlichkeiten zu zeigen. Innerhalb kürzester Zeit habe ich sie so sehr in`s Herz geschlossen, dass ich eigentlich am liebsten viel länger bleiben möchte. Für mich ist also klar: auch wenn Valongo nicht die hübscheste Stadt ist, ist die Lebensqualität doch hoch und eine Menge schöner Erfahrungen können hier gemacht werden!