Neuseeland,  Whanganui

“Do you have McDonalds in Germany?”

Jetz sind bereits zwei Wochen meines Praktikums hier inmitten kleiner und grosser Erwachsener zwischen 11 und 13 Jahren vergangen und es fuehlt sich einerseits so an, als waere ich erst gestern aus dem Flugzeug gewackelt, andererseits als haette ich in meinem Leben nie etwas anderes gemacht, geschweigedenn wo anders! Auf die Frage meiner „Kolleginnen“, die mich letzten Freitag Abend als (eher weniger hilfreichen) Europa-Joker mit zum „Pubquiz“ in ein irisches Lokal mitnahmen hin, wie lange ich denn jetzt schon da sei, waren alle mit „two weeks“ voellig ueberrascht („nicht schon vieeeel laenger?!“). Das liegt wohl unter anderem auch an meinem gut genaehrten Stundenplan, der mir an fast allen Tagen (mit Ausnahme zweier weiterer Exkursionen zum See, die mich zum ultimativen Kajak- und Burgerpattie-Pro befoerderten) von 9 bis 15 Uhr in allen Klassen und mit allen Lehrern  Zeit fuer meinen Deutschland- und Deutschunterricht bietet. Dabei lernt man sich beim morgendlichen am Kopierer anstehen oder Kaffetrinken im Lehrerzimmer besonders schnell kennen. Daher wurde ich vom wirklich superlieben Kollegium sofort ohne jegliche Hemmungen aufgenommen und als aktives Mitglied der „Sippe“ akzeptiert.

Meinen „Deutschland-Unterricht“ in den unterschiedlichen Klassen habe ich bisher sehr genossen, nicht zuletzt aufgrund einzelnder Schuelerfragen, die mich zum teil sprachlos, schwer beeindruckt oder mit einem innerlichen Lachkrampf vor den (in der ganzen Schule vorhandenen) white boards und neuesten Soundanlagen stehen liessen. Manche Kinder scheinen sehr viel ueber Europa und sogar Deutschland zu wissen (WWII, DDR, Politik!), wobei ich an dieser Stelle peinlicherweise meine riessigen Wissensluecken zum Thema Neuseeland zugeben muss. Diesbezueglich muss ich noch viel nachholen und die Kinder haben wirklich meinen groessten Respekt. Dann wiederum komme ich manchmal zum Schluss, mich ein wenig aufmerksamer durch meinen Alltag bewegen zu muessen (Eine Frage aus ausnahmslos ALLEN Klassen, die ich gerne an meine Kommilitonen richten moechte: warum sind alle Daecher in der Regensburger Innenstadt rot?…Ist mir noch nie zuvor aufgefallen). Die Fragen, ob wir denn McDnoalds, KFC und Fernsehen kennen wird meist schon durch strafende Blicke der Mitschueler abgewendet.

Allgemein machen die SchuelerInnen den Eindruck, als gefalle ihnen das ganze Programm sehr und mittlerweile funktioniert es nicht mehr, die 30 Meter des Pausenhofs innerhalb der 20 Minuten teatime ohne einer weiteren kleinen Deutsch-Einheit fuer einzelene Kindertrauben zu bewaeltigen. Das Interesse scheint auch weiter nicht zu sinken, obwohl ich mich langsam vom „Zuguggen-und-hoeren“ weg zum fuer manche doch sehr komplexen, klassischen Deutschunterricht hin bewege.

Nachdem ich nun jeder Klasse schon einmal beiwohnen konnte hat sich mein Gesamtbild ueber die Schule defitiniv erweitert und veraendert. Besonders fallen 4 Klassenzimmmer von insgesamt 29 auf. Zwei davon bezeichnen die sogenannten „extension“ Klassen, in denen besonders begabte und durch spezielle Tests auserlesene SchuelerInnen unterricht werden. Diese zwei Klassen findet man raeumlich durch den Pausenhofvon den anderen Klassenraeumen (die uebrigens alle im Freien stehen, also kein klassisches deutsches Schulhaus bilden) getrennt neben den Tennisplaetzen der Schule. Zwei weitere Klassen, die mir noch aufgefallen sind sind jeweils die Maori Klassen, in welchen der Lehrer zwischen Englisch und Maori hin und her wechselt. Viele der SchuelerInnen in diesen Klassen haben es eher schwer in der Schule und schneiden in den schulinternen Tests vergleichsweise schlecht ab. Auch die Klassenzimmer sind (zumindest technisch und bezogen auf „Grundschul-Kuenstlereien“) eher spaerrlich ausgestattet. Was es mit den gesonderten Maori-Klassen auf sich hat (Erhalt der Kultur oder Aussenseiter?) konnte ich noch nicht ganz in Erfahrung bringen. Natuerlich sind auch in den anderen Klassen viele Maori Kinder und zwei Maedchen in den extension Raeumen, jedoch wuerde ich das gerne noch herausfinden, ohne irgendwem „auf den Schlipps zu treten“. In den regionalen Zeitungen wird doch sehr oft ueber unterschiedliche Rassimusthemen geschrieben, die sich hauptsaechlich auf die Ureinwohner Neuseelands beziehen. Da wird uebrigens auch, nur um Missverstaendnisse zur Rechtschreibung aufzuklaeren, auch darueber gestritten, ob die Stadt denn nun Wanganui oder Whanganui heisst (hier sind sich die „Zuagroasstn“ und Maori nicht ganz einig). Das wird dann ein Volksentscheid in naher Zukunft bestimmten.

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Die suessen kleinen Klassenraeume

Mittlerweile lebe ich mich auch ausserhalb der Schule sehr gut ein und geniesse wirklich jede Sekunden meines Aufenthalts. Schnell hab ich gelernt, dass man AUF KEINEN FALL Trinkgeld hergibt, man in manchen restaurants seine Getraenke selbst mitbringen kann, die Betraege im Supermarkt auf- oder abgerundet werden um sich den Muenzenkleinkram zu sparen, und Lammfleisch, das ich eigentlich garnicht mag, hier einfach super lecker schmeckt. Ob das aber vielleicht eher eine Art „Tomatensaft-im-Fluzeug-ist-sooooo-toll“ Effekt ist kann ich erst nach meiner Rueckkehr beurteilen. Meine Wochenenden habe ich die groesste Zeit im W(h)anganui River zum wakeboarden oder mit Quads und kleinen Motorraedern an den schwarzen Straenden mit Rowena (Dawns und Ross Tochter) und ihren Freunden verbracht. Am Samstag wurde hier zudem noch ein raft race mit dutzenden liebevoll dekortierten Schiffchen a la Karnevalsumzug veranstaltet, das hunderte Besucher anzog.

Ich bin hier in einer wirklich tollen Stadt gelandet!

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Kajakausflug zum lake Wiritoa
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W(h)anganui direkt am W(h)anganui river…
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…und dem wundervollen Meer!

Neuseelands Ballast, der mir jetzt auch bewusst wurde: Letzte Woche erlebte ich waehrend der Mittagpause mein erstes Erdbeben der Staerke 4,6. Waere ich in einem Gebaeude gewesen wurde mir gesagt, haette ich das starke Wackeln und Zittern der Waende sehen koennen. Auf dem Pausenhof zwischen den Kindern hatte ich lediglich kurz das Gefuehl, ich wuerde (leicht angetrunken) umfallen und muesste mich uebertrieben stark ausbalancieren (das hab ich voruebergehend auf die Mittagseuphorie von knapp 300 huepfenden Kidnern geschoben). Irgendwie schon ein gruseliges Erlebnis, das sich von mir aus nicht nochmal wiederholen muesste.

Diesen Freitag veranstalten wir bayerischer Abend (Rowena ist mit ihrem Dirndl schon perfekt ausgestattet) und ich werde nach demokratischer Abstimmung Wiener Schitzel (der Schweinebraten mit Knoedel wurde abgelehnt!!!) mit Kartoffelsalat servieren.

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Dawn, Rowena und Ross
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Hier wird schon fleissig dekoriert!

Ich hoffe, es geht allen rund um die Welt gut und ich verabschiede mich bis zum naechsten Mal.

Liebste Gruesse,

Birgit

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